Das Internet wird zunehmend zum „Superhighway“ für gefälschte Arzneimittel, so das Fazit einer Untersuchung der EAASM (European Alliance for Access to Safe Medicines), einer unabhängigen Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Bewusstsein für das Risiko, das von gefälschten Arzneimitteln ausgeht, zu schärfen.

Das alarmierende Ergebnis des Reports, der heute in London vorgestellt wurde: Mehr als 60% der aus dem Internet bestellten Arzneimittel sind gefälscht oder minderwertig! Neben „Klassikern“ wie Viagra & Co. waren bei den untersuchten Präparaten auch Medikamente zur akuten Behandlung ernster kardiovaskulärer, respiratorischer oder psychischer Erkrankungen.

Mit dem rapiden Anstieg des illegalen Medikamentenhandels im Internet steigt auch die Wahrscheinlichkeit, gefälschte Arzneimittel zu erhalten. Da Patienten diese Fälschungen kaum erkennen können, ist das gesundheitliche Risiko, das von online gekauften Präparaten ausgeht, oft sehr hoch. Arzneimittel ohne oder mit zu geringem Wirkstoffgehalt können bei lebensbedrohlichen Erkrankungen so zur tödlichen Gefahr werden. Die Tragweite dieser schnell wachsenden und gefährlichen Situation wird durch die jetzt vorgestellte Untersuchung deutlich.

Insgesamt wurden für diese Studie bei über 100 Arzneimittelhändlern im Internet verschiedene, häufig eingesetzte, verschreibungspflichtige Präparate gekauft, die anschließend von Experten detailliert analysiert wurden. Das Ergebnis der Analyse ist alarmierend:

–       Sämtliche Medikamente wurden ausgeliefert, ohne dass ein
Rezept vorgelegt werden musste. Dies ist nicht nur
illegal, sondern stellt auch eine ernste Bedrohung für die
Patienten dar.

Noch dramatischer war das Ergebnis der visuellen und chemischen
Analyse der bestellten Medikamente:

–       62% der Präparate waren Fälschungen, die keinen oder zu
geringe Wirkstoffmengen enthielten, dazu oft in
minderwertiger Qualität. Diese Präparate sind unwirksam,
schlimmer noch, sie können auch, beispielsweise bei der
Behandlung von Herzkrankheiten oder schweren
Atemwegserkrankungen, tödliche Folgen haben.
–       Nur 38% der Medikamente waren Originalprodukte, 16% davon
stammten allerdings aus illegalen Nicht-EU-Importen und
33% dieser Originale enthielten keine
Patienteninformation, was ebenfalls nicht erlaubt ist und
zudem den Patienten gefährden kann.
–       96% der getesteten Arzneimittelhändler im Internet
arbeiten illegal, da beispielsweise auf fast keiner der
Webseiten ein namentlich genannter, verifizierbarer
Apotheker angegeben ist und oft weder eine Kontaktadresse
noch ein erkennbarer Firmensitz angegeben sind.
–       Über 90% der Webseiten vertreiben verschreibungspflichtige
Arzneimittel ohne Vorlage eines Rezeptes und in 86% war
das aufgedruckte Prüfsiegel auf der Packung gefälscht.

In einigen Fällen wurde mit lebensverlängernden Herzmedikamenten kostenloses Viagra als „Zugabe“ geliefert ohne dass auf mögliche Wechselwirkungen hingewiesen wurde. Abgesehen davon, dass solche Zugaben illegal sind, können sich für die Patienten ohne genaue medizinische Betreuung nicht einzuschätzende gesundheitliche Risiken ergeben.

Dazu Dr. Ian Barks, Präsident des European Men’s Health Forum: „Ich war entsetzt, dass ein Teil der gelieferten ‚Medikamente‘ mit kostenlosen unbestellten Tabletten ohne jegliche medizinische Beratung geliefert wurde. Diese Praxis skrupelloser Arzneimittelversandhändler zeigt, dass sie bereit sind, Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Patienten zu gefährden.“

Unter anderem empfehlen die Experten, dass Suchmaschinen wie Google, Yahoo und MSN Internetseiten mit gefälschten Arzneimitteln in den Suchergebnissen sperren sollen. Diese Strategie hat sich schon zum Schutz der Verbraucher vor Kinderpornographie als erfolgreich erwiesen, man kann also auch davon ausgehen, dass auf diese Art auch Kunden vor gefälschten Medikamenten geschützt werden können. Auch Jim Tompson, Präsident der EAASM, fordert unverzüglich Maßnahmen: „Die Ergebnisse des Berichtes sind schockierend und zeigen, dass dringend Handlungsbedarf besteht. Konsumenten sind gefälschten Präparaten ausgesetzt, die ihrer Gesundheit schaden und potentiell tödlich sein können.

Die EAASM fordert daher Suchmaschinenanbieter, Kreditkartenunternehmen, Versender, Patientengruppen, Behörden und andere Gruppen auf, aktiv zu werden und diesen gefährlichen Trend zu stoppen.“

In Deutschland gelten für legale Internetapotheken die gleichen Bestimmungen wie für Apotheken vor Ort. Das Bundesgesundheitsministerium informiert auf seiner Webseite über sicheres Bestellen von Medikamenten im Internet. Man kann auch bei den Krankenkassen nach seriösen Internetapotheken fragen. Manche Kassen haben inzwischen Kooperationsvereinbarungen mit legalen Versandapotheken geschlossen, die den Versicherten Vorteile in Form von Rabatten oder Aktionsangeboten eröffnen.

Die EAASM wurde 2007 gegründet und ist eine unabhängige Organisation, die das Bewusstsein für die Risiken schärfen möchte, die durch gefälschte Arzneimittel für Patienten entstehen können. Die Mängel der aktuellen Gesetzgebung und ihrer Durchführung sollen aufgezeigt werden, um auf europäischer Ebene den Schutz der Patienten zu verbessern.

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