Arzneimittelinnovationen aller Forschungsgebiete können sich regelmäßig um eine Art Nobelpreis für pharmazeutische Entwicklungen bewerben: den Prix Galien International. Er wird nicht nur an Medikamente gegen Volkskrankheiten verliehen, sondern würdigt auch das Bemühen um spezielle Therapien für seltene Erkrankungen. Neun innovative Arzneimittel, darunter auch ein Orphan Drug (engl. orphan=Waise, drug=Arzneimittel), sind für die diesjährige Auszeichnung nominiert, die Ende Oktober in Berlin überreicht wird. Ausrichter ist Deutschlands einzige Tageszeitung für Mediziner, die ÄRZTE ZEITUNG, die zur internationalen Stiftergemeinschaft des Preises gehört.

Seltene Erkrankungen treffen weniger als fünf von 10.000 Menschen (0,05% der Bevölkerung, EU-Richtwert), von manchen seltenen Erkrankungen sind nur wenige Hundert Menschen weltweit betroffen. Bezogen auf fast 7.000 seltene Leiden sind 6% bis 8% der Gesamtbevölkerung betroffen – in Deutschland rund 4 Millionen Menschen. Bis 2000 waren in Europa praktisch keine speziellen Therapien für seltene Erkrankungen verfügbar. Die Zulassungsverfahren für Medikamente sind streng geregelt. Neue Wirkstoffe müssen umfangreiche Studien zum Wirksamkeitsnachweis durchlaufen. Das Patientenaufkommen bei seltenen Leiden ist oft so gering, dass die erforderliche Anzahl Studienteilnehmer nicht rekrutiert werden kann. Weil pharmakologische Forschung extrem kostspielig ist (bis 800 Millionen US-Dollar pro Präparat) und der Markt für seltene Krankheiten mitunter winzig, war die Entwicklung von Orphan Drugs auch wirtschaftlich lange uninteressant.

Erst im Jahr 2000 wurde in Europa ein Gesetz zur Förderung der Orphan-Drug-Entwicklung erlassen. Kernstück ist ein 10-jähriges Exklusivvertriebsrecht für das Medikament in der zugelassenen Indikation; Zulassungsgebühren werden nicht erhoben. Die klinische Prüfung erfordert weniger Probanden, bei Studiendesign und -durchführung wird umfassend beraten. Seitdem wird in Europa intensiv geforscht, und so wurden in den 8 Jahren schon 50 Orphan Drugs zugelassen – Tendenz rapide steigend.

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