Das Robert Koch-Institut (RKI) hat heute Schätzungen zur Zahl der HIV-Neuinfektionen und zur Gesamtzahl der HIV-Infizierten im Jahr 2008 vorgestellt. Danach haben sich in diesem Jahr in Deutschland etwa 3.000 Menschen mit HIV infiziert, fast drei Viertel von ihnen beim Sex unter Männern. Insgesamt leben bei uns schätzungs-weise 60.–66.000 Menschen mit HIV, und auch hier stellen Männer, die Sex mit Männern haben (kurz: MSM), den größten Anteil.

„Prävention wirkt“, erklärt dazu Dr. Dirk Sander, DAH-Referent für Männer, die Sex mit Män-nern haben. „Aber da, wo sie besonders nötig ist, reicht ein ‚Weiter so’ nicht aus: Hier muss die Prävention intensiviert und nachhaltig gesichert werden. Denn während es für Aidshilfen meist noch relativ leicht ist, Gelder zum Beispiel für die – zweifellos wichtige –Aufklärungs¬arbeit in Schulen zu bekommen, sieht es bei der Arbeit in den schwulen Szenen vor Ort ganz anders aus: Sie lastet auf zu wenigen Schultern und wird nicht ausreichend finanziert.“

Gerade bei denjenigen aber, die besonders gefährdet seien, bedürfe es auch besonderer Anstrengungen, sagt Sander. „Die Deutsche AIDS-Hilfe hat deshalb in diesem Jahr die bun-desweite Kampagne ‚ICH WEISS WAS ICH TU’ gestartet. Sie soll differenzierte Informatio-nen zu Risiken und Schutzmöglichkeiten auf zielgruppengerechte Weise an den Mann brin-gen. Und sie ermutigt auch zum Test. Deshalb rechnen wir in den kommenden Jahren mit mehr Neudiagnosen – und das wäre ein Erfolg: Das Wissen um die Infektion bietet die Chance, die Behandlungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.“ Funktionieren könne die Kam-pagne aber nur, wenn es auch vor Ort Präventionsmitarbeiter gebe, die in die Szenen gingen und als Ansprechpartner zur Verfügung stünden. „Dafür brauchen wir Geld – und zwar deut-lich mehr Geld als bisher. Es kann nicht sein, dass es gerade dort, wo es besonders nötig ist, nicht hinfließt. Gefordert sind hier vor allem Länder und Kommunen.“

Carsten Schatz vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe unterstreicht diese Forderung: „Die Aidshilfen werden auch weiterhin in die Schulen gehen und jeden beraten, der zu ihnen kommt. Aber wir wollen und müssen stärker dort präsent sein, wo es wirklich brennt. Und das ist in Deutschland eben in erster Linie bei Männern, die Sex mit Männern haben, bei Migrantinnen und Migranten aus Ländern, in denen HIV besonders weit verbreitet ist, und bei Drogengebrauchern und Menschen in Haft der Fall. Für diese Arbeit brauchen wir Geld und politische Unterstützung – damit wir das, was nötig ist und die Not wendet, auch tun können. Beispiele sind hier unsere Kampagne ‚ICH WEISS WAS ICH TU’ mit ihrer klaren, authenti-schen Sprache und den passenden Bildern, die Vergabe von sterilen Spritzen in Haft oder die medizinisch kontrollierte Vergabe von Heroin an Schwerstabhängige.“

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