Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) sieht beim Kampf gegen Betrug und Manipulation im Gesundheitswesen weiterhin großen Handlungsbedarf. „Gerade auch angesichts steigender Kosten im Gesundheitswesen ist es alarmierend, dass die Krankenkassen jährlich um Milliarden Euro betrogen und dadurch ihre Versicherten unnötig belastet werden“, sagt KKH-Vorstandschef Ingo Kailuweit. Insgesamt entstehen nach Schätzungen durch kriminelles Fehlverhalten jährlich Schäden zwischen sechs und 20 Milliarden Euro. Allein die KKH hat im Jahr 2008 Schäden in Höhe von über einer Million Euro aufgedeckt und mehr als 400.000 Euro bereits wieder hereingeholt.

Über 1.000 Betrugsfälle aufgedeckt

„Wir konnten im Jahr 2008 insgesamt 1.042 neue Fälle aufgreifen und bearbeiten“, so Kailuweit. Mit 279 Fällen stehen die Krankengymnasten und Physiotherapeuten an der Spitze der Betrugsliste. 233 Fälle entfallen diesmal auf Ärzte. 105 Fälle hat die KKH im Bereich der Häuslichen Pflege bearbeitet. Es folgen Apotheken (54 Fälle), Optiker (54 Fälle), Zahnärzte (52 Fälle) und Hilfsmittelbereich (48 Fälle). „Gesetzgeber, Behörden, Krankenkassen und alle anderen Akteure sind dringend gefordert, diese kriminellen Machenschaften mit aller Kraft zu unterbinden“, sagt Kailuweit.

Die KKH ist seit Jahren Vorreiter im Kampf gegen Manipulation und Korruption. Insgesamt gehen derzeit zehn Ermittler Verdachtsmomenten im Gesundheitswesen nach. Seit 2001 hat die KKH auf diese Weise 7.257 Fälle aufgedeckt, von denen sich derzeit noch 1.480 Fälle in laufender Bearbeitung befinden.

Bei den finanziellen Schäden sind die Optiker mit über 200.000 Euro Spitzenreiter. Es folgen die Ärzte mit rund 112.000 Euro und die Apotheker mit knapp 112.000 Euro.

Universitätsstudie gibt umfassenden Überblick

Um Betrug und Manipulation zukünftig besser vorbeugen zu können, hat die KKH eine empirische Studie der Universität Hannover für den Zeitraum 2007/2008 initiiert. Damit liegt erstmals eine umfassende Ausarbeitung zu diesem Thema vor, die Möglichkeiten für gezielte Präventionsstrategien aufzeigt. „Die Untersuchungsergebnisse machen deutlich, dass sich die Prävention verbessern lässt, wenn in der gesetzlichen Krankenversicherung im Abrechnungsbereich durchgängig ein hohes Kontrollniveau eingehalten wird“, sagt der Verfasser der Studie, Professor Dr. Bernd-Dieter Meier, Kriminologe an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover. „Notwendig sind eine stärkere personelle Ausstattung der Fehlverhaltensbekämpfungsstellen, die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den anderen Kassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen sowie ein konsequentes Vorgehen bei der Anzeigeerstattung.“

Zahlreiche Fachleute sprechen sich angesichts dieser Entwicklung für mehr Transparenz im Gesundheitswesen aus. „Es hilft nicht, Ärzte, Patienten und Krankenkassen gegeneinander auszuspielen“, sagt Wirtschaftskriminalist Uwe Dolata, Lehrbeauftragter für Compliance und Fachmann für Korruption und Wirtschaftskriminalität. „Ein erster wichtiger Schritt wäre, sämtliche Abrechnungsmodi offenzulegen und sich auf die Transparenz zu stürzen, den Todfeind der Korruption.“

Bereits zum dritten Mal juristische Fachtagung bei der KKH

Die dritte Fachtagung der KKH zum Betrug im Gesundheitswesen findet erstmals an zwei Tagen statt – vom 18. bis 19. Februar 2009. Richter, Staatsanwälte, Wissenschaftler, Rechtsanwälte sowie Vertreter von Krankenkassen und Verbänden diskutieren in Hannover über Strategien für erfolgreiche Ermittlungen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und die Besonderheiten im Sozialrecht. Verschiedene Foren befassen sich mit Themen wie Berufsethik und Streitbeilegung auf informellem Weg durch Mediation. Insgesamt nehmen rund 180 Fachleute an der Tagung in der KKH-Hauptverwaltung in Hannover teil. Die erste Fachtagung fand im September 2006 statt, die zweite im Februar vergangenen Jahres.

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