Forscher der Universität Helsinki und des Klinikums der Universität Helsinki haben gemeinsam mit Biohit Oyj eine neue Methode entwickelt, mit deren Hilfe das durch Azetaldehyd bedingte Magenkrebsrisiko bei Anazidität (Fehlen oder Mangel an Magensäure) gesenkt werden kann. Die ermutigenden Ergebnisse der ersten klinischen Studien wurden auf dem elften finnischen Gastroenterologie-Seminar (XI Gastropäivät), das am 12. Februar 2009 in Helsinki stattfand, vorgestellt.

Bei der Methode wird eine Kapsel verwendet, aus der nach und nach kleine Mengen Cystein lokal im Magen freigesetzt werden. Cystein ist eine Aminosäure, die völlig unschädlich ist und bei einer normalen Ernährungsweise in Mengen von 1-2 Gramm pro Tag üblicherweise mit der Nahrung aufgenommen wird. Die Kapsel enthält 100-200 mg granuläres, freies Cystein, das langsam abgegeben wird und sich gleichmässig im gesamten Magen verteilt. Dort bindet es effektiv die Azetaldehyd-Moleküle, wodurch diese inaktiviert werden.

Biohit strebt die Markteinführung seiner BioCyst-Kapseln im Laufe des Jahres 2009 an.

Magensäuremangel ist ein wichtiger Risikofaktor für Magenkrebs

Eine Helicobacter-pylori-Infektion oder eine Autoimmunerkrankung kann zu einer atrophischen Gastritis (Schädigung der Magenschleimhaut) mit nachfolgendem Mangel an Magensäure führen. Die Anazidität des Magens ist ein bedeutender Risikofaktor für Magenkrebs und steigert auch das Risiko für Speiseröhrenkrebs. Während ein gesunder Magen mit ausreichender Säure keine Keime aufweist, findet sich bei Säuremangel ein Milieu im Magen, in dem Mundbakterien leben und sich vermehren können.

Azetaldehyd ist das erste Zwischenprodukt, das beim Abbau von Alkohol entsteht. Es wird von Mikroorganismen oder manchmal auch von Zellen in der Magenschleimhaut erzeugt. Azetaldehyd findet sich darüber hinaus auch im Zigarettenrauch und zwar in Konzentrationen, die fast tausendmal höher sind als die der anderen Karzinogene im Tabak. Die mit dem Konsum von Alkohol und Tabak einhergehende Krebsrisiken zeigen in Kombination synergistische Effekte.

Viele ‚alkoholfreie‘ Getränke und Lebensmittel enthalten Spuren von Alkohol, die von Bakterien in der Mundhöhle und im anaziden Magen direkt in Azetaldehyd umgewandelt werden. Findet sich wenig oder keine Säure im Magen, können dort lebende Bakterien Azetaldehyd und Alkohol aus Zucker herstellen.

Dass es sich bei Acetaldehyd um ein Karzinogen handelt, wird durch neuere Studien eindrucksvoll belegt. Die Verbindung verursacht Krebs bei Versuchstieren. Auch ist bekannt, dass bei Alkoholkonsum drei beim Menschen vorkommende Genmutationen zu einer erhöhten Exposition des oberen Verdauungstrakts gegenüber Azetaldehyd führen. Für Träger dieser Genmutationen, die Alkohol trinken, findet sich ein deutlich erhöhtes Risiko an Krebs des oberen Verdauungstrakts zu erkranken, und weltweit leben mehrere hundert Millionen Menschen, die diese Genmutationen ererbt haben. Wenn ein Mensch raucht, grössere Mengen Alkohol konsumiert und zwei dieser mutierten Gene in sich trägt, so hat er ein 380mal höheres Risiko an Speiseröhrenkrebs zu erkranken.

In Industrieländern besteht bei über 5 Prozent der Menschen älter als 50 Jahre eine Anazidität des Magens und diese Störung findet sich in Osteuropa und Asien sogar noch häufiger. Auch wenn die meisten Betroffenen keine Symptome aufweisen, so lässt sich die Anazidität doch nachweisen, und zwar entweder gastroskopisch oder mithilfe eines einfachen Bluttests (GastroPanel von Biohit Oyj). Die Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI), die die Sekretion von Magensäure verhindern, führt ebenfalls zur Bildung von Azetaldehyd durch Bakterien, die in einem Magen mit wenig oder fehlender Säure leben können.

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