Niedergelassenen Ärzten fehlt die Zeit für einfühlende Gespräche. Um die Patienten schneller durchzuschleusen, benutzen sie rhetorische Mittel, wie sie auch in Verkaufsgesprächen üblich sind. Das erfuhr der Germanist und Politikwissenschaftler Tim Peters von der Universität Bochum bei einer Studie, für die er aufgezeichnete Arzt-Patienten-Gespräche auswertete.

Zwei Studentinnen gaben sich als Kopfschmerzpatienten aus. Die eine verhielt sich immer ängstlich-drängend, die andere neutraler und akzeptierend. Die Ärzte hatten vorher in die Aufzeichnung eingewilligt, wussten aber nicht, wer die Testpatienten waren und wann sie kommen würden. Die Studentinnen erlebten etwa, dass die Ärzte die Stimme hoben und laut wurden, um eine Therapie durchzusetzen. „Sie setzten zum Beispiel belehrende Vorträge und Fachchinesisch ein, um Gespräche quasi abzuwürgen – manchmal gerade dann, als es um eine Therapieentscheidung ging und die Patientin zweifelte“, berichtet Peters im Interview mit der „Apotheken Umschau“. Selbst als die Frauen ihr Leiden schildern sollten, unterbrachen die Ärzte sie früh. „Patienten haben meist kaum Chancen, ihnen wichtige Themen näher auszuführen“, erzählt Peters, der gleichwohl Verständnis für die Situation der Mediziner hat: „Ich mache ihnen gar keine Vorwürfe. Wenn sie wirtschaftlich arbeiten wollen, bleiben für ein Gespräch nur wenige Minuten.“ Der Fehler liege im Abrechnungssystem.

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