Aus Sicht von Medizinern müssen Patienten keine Angst mehr vor dem Medikament Kortison und seinen Nebenwirkungen haben. Zum einen findet die Dosierung inzwischen feiner als früher und besser abgestimmt auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten statt. Zum anderen wird das Mittel zunehmend nur noch lokal oder äußerlich angewendet, z. B. in Form von Salben und Augentropfen. Hanns Kaiser, emeritierter Rheumatologieprofessor aus Augsburg und international anerkannter Experte auf diesem Gebiet, sagte dem Magazin Reader’s Digest (April-Ausgabe): „Die unerwünschten Wirkungen gehen bei den lokalen Therapien gegen null.“

Kaiser und andere Mediziner stufen Kortison als unersetzlich ein. Kein anderes Mittel würde Entzündungen so stark und zuverlässig hemmen – gerade bei der Behandlung von Rheuma, Asthma, Allergien, Hauterkrankungen und Gelenkschmerzen, aber auch im Kampf gegen Hirnschwellungen und allergische Schocks. Die Ursachen für die Angst vieler Menschen vor einer Kortisonbehandlung sieht Kaiser in der Vergangenheit. „Hier wirken sicher Erinnerungen an die schlimmen Nebenwirkungen zu Beginn der Kortison-Ära nach.“ Bis in die 70er-Jahre sei der Wirkstoff in deutlich zu hohen Dosierungen verschrieben worden. Nebenwirkungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettsucht und aufgedunsene Gesichter waren oftmals die Folge.

Inzwischen habe die Medizin aber festgestellt, dass deutlich geringere Mengen für die Behandlung ausreichen – nach dem Leitmotiv: So viel Kortison wie nötig und so wenig wie möglich. „Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wird die Behandlung auch heute mit einer höheren Dosis eingeleitet. Danach reduzieren wir jedoch kontinuierlich“, so Professor Frank Buttgereit von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité in Berlin.

Hinzu kommt eine zunehmend erfolgreiche Aufklärung über das Medikament und seine Herkunft. „Die meisten wissen gar nicht, dass Kortison ein körpereigener Stoff ist, ohne den wir nicht leben können“, sagte Birgit Kittel, Chefärztin an der Fontana Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie in Bad Liebenwerda gegenüber Reader’s Digest. Der Organismus produziere täglich zwischen 20 und 30, in lebensbedrohlichen Situationen wie bei Unfällen sogar bis zu 300 Milligramm davon. Das Hormon wird in der Nebennierenrinde erzeugt und steuert den Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel, den Mineralhaushalt sowie die Immunabwehr des Menschen.

Dennoch warnen Experten wie Professor Kaiser davor, die Wirkung dieser Medizin zu überschätzen. „Kortison ist kein Medikament, das heilt.“ Der Wirkstoff könne die Krankheiten nicht bekämpfen, er hemme aber Entzündungen und sorge für eine Steigerung der Lebensqualität chronisch kranker Menschen.

Wer auf das Medikament angewiesen ist, sollte aktive Vorsorge gegen mögliche Nebenwirkungen wie Knochenschwund betreiben. Reader’s Digest gibt deshalb in seiner neuen Ausgabe Tipps zur richtigen Ernährung.

Wichtig sind die Zufuhr von ausreichend Eiweiß, Kalzium und Vitamin D, der Verzicht auf Nikotin sowie regelmäßiger Sport und andere Aktivitäten, gerade an der frischen Luft. Mit diesen Maßnahmen könne zugleich einem erhöhten Blutfettspiegel, Diabetes und Bluthochdruck entgegengesteuert werden, betonen die Mediziner.

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