Fehlstellungen der Beine können zu Schmerzen an den Gelenken führen. Oft wissen die Betroffenen gar nicht, dass O- oder X-Beine der Grund für ihre Beschwerden sind. Eine Operation kann die Beinachse wieder ins Lot bringen. Doch viele Patienten warten zu lange, bis sie einen Spezialisten aufsuchen. Wer die ersten Warnzeichen rechtzeitig erkennt, hat gute Chancen auf Schmerzfreiheit.

„Das Gehen fiel mir immer schwerer“, erinnert sich eine heute 59-jährige Frau aus Niederbayern, die mit starken Schmerzen am Sprunggelenk zu kämpfen hatte. Der einzige Ausweg, so erfährt die Patientin, sei eine Versteifung des Sprunggelenks. „Soweit wollte ich es aber nicht kommen lassen“, erklärt sie. Ob Knie-, Hüft- oder Sprunggelenk, in Deutschland leiden Millionen Menschen unter Gelenkschmerzen. Sie sind in ihrer Beweglichkeit mit zunehmendem Alter immer weiter eingeschränkt. Bis irgendwann alles weh tut, was Spaß macht – Wandern, Fahrradfahren, Gartenarbeit. Nach ein paar erfolglosen Besuchen beim Orthopäden geben die meisten Betroffenen resigniert auf. Was viele nicht wissen: Inzwischen stehen den Ärzten immer bessere Möglichkeiten zur Verfügung, um auch hartnäckige Gelenkschmerzen in den Griff zu bekommen. Die Voraussetzung: Man findet einen Experten, der sich damit auskennt.

Gefahr durch O-Beine

„Die Ursache für Gelenkschmerzen liegt nicht immer in dem Gelenk, das schmerzt“, erklärt Dr. Michael Magin, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in München. „Als Ursache kommt beispielsweise auch eine Fehlstellung der Beine in Frage.“ Sind die Beine nicht gerade – etwa aufgrund eines Unfalls, wegen Verschleiß oder Vererbung – gerät der Bewegungsapparat wie ein fragiles Mobile aus dem Gleichgewicht. Er gibt die Fehlstellung an die einzelnen Glieder weiter, und das schwächste Glied der Kette fängt an zu schmerzen. „Um die Schmerzen zu stoppen, reicht es nicht, nur dieses letzte Glied, etwa das Knie- oder Sprunggelenk, zu behandeln. Sie müssen die Ursache therapieren, also die Beinfehlstellung“, berichtet Michael Magin.

Als die Patientin aus Niederbayern Ende 2008 zu ihm in die Praxis kommt, hatte sie die Hoffnung schon fast aufgegeben. Vor 43 Jahren wurde sie wegen eines Unterschenkelbruches operiert. Seither war das eine Bein stärker gekrümmt als das andere und neigte sich um über 21 Grad nach außen. Diese Einschränkung hatte sie im Laufe der Zeit akzeptiert, schließlich haben viele Menschen O-Beine. Aber an die Schmerzen im rechten Sprunggelenk konnte sie sich nicht gewöhnen. Die wurden immer schlimmer.

Der Orthopäde als Detektiv

Rund 90% aller Beinfehlstellungen sind O-Beine, nur 10% X-Beine. Bereits durch einen Meniskusriss kann sich die Beinachse um über vier Grad verschieben. Die Auswirkungen der ungünstigen Statik spüren die Menschen ganz unterschiedlich. Schlanke und sportliche Menschen merken lange nichts. Erst mit zunehmendem Alter und Gewicht kommt es als Folge der Fehlstellung zum Gelenkverschleiß, der Arthrose, und damit zu Schmerzen. Bei einer starken Beinkrümmung, Übergewicht oder bei Profi-Sportlern wird der Schmerz manchmal schon vor dem 40. Lebensjahr akut.

Noch immer werden O-Beine per Schuhranderhöhung behandelt. „Das ist eine völlig ungeeignete Maßnahme“, betont Dr. Magin. Durch die Anhebung beispielsweise des äußeren Schuhrandes wird das O-Bein zwar in eine gerade Haltung gezwungen. Dafür gibt es aber die Fehlbelastung weiter an das Sprunggelenk. Schiefe und schmerzenden Knöchel sind vorprogrammiert. „Eine Fehlstellung darf nur dort korrigiert werden, wo sie ist: am Ort der Fehlstellung“, so Magin. Daher ist es wichtig, dass sich der Orthopäde den ganzen Menschen von allen Seiten anschaut. Wer nur vom schmerzenden Gelenk ein Röntgenbild macht, übersieht womöglich die Probleme in der Statik. Röntgenaufnahmen des ganzen Beins in Streckung und in leichter Beugung sind wichtige Voraussetzung, um die Fehlstellung korrekt beurteilen zu können.

Knochenschnitt für mehr Bewegungsfreiheit

Die Geduld der Patientin aus Niederbayern wurde belohnt. Die drohende Gelenkversteifung kann abgewendet werden. Statt sich nur lokal um das Sprunggelenk zu kümmern, plant Dr. Magin eine Begradigung des krummen Beins, auch Umstellungsosteotomie genannt (Osteo = Knochen, Tomie = Schnitt).

Dazu kerbt der Operateur den Knochen und spreizt ihn vorsichtig auf. Anschließend wird der Knochen in die gewünschte Position gebracht. Eine kleine Titanplatte dient als Stütze und wird später entfernt. Im Laufe von sechs bis neun Monaten wächst der Spalt mit körpereigenem Knochengewebe wieder zu. Die Größe und genaue Lage des Knochenkeils wird zuvor per Computerprogramm errechnet, ein spezielles Navigationsprogramm hilft bei der OP. Das erfreuliche Ergebnis sind gerade Beine und weniger oder keine Gelenkschmerzen.

Nach wenigen Tagen im Krankenhaus ist auch die Patientin aus Niederbayern wieder auf den Beinen. Sie schließt noch fünf Wochen Reha-Klinik an, um den Behandlungserfolg zu stabilisieren. „Heute habe ich nur noch minimale Schmerzen im Sprunggelenk. Damit kann ich gut leben“, berichtet die 59-Jährige ein halbes Jahr nach dem Eingriff. Sie fährt Rad auf ihrem Hometrainer, unternimmt lange Spaziergänge und kann sich endlich wieder ihrer Leidenschaft, der Gartenarbeit, widmen. Spezialschuhe, Schienen oder Krücken braucht sie nicht mehr. Der einzige Wermutstropfen: „Hätte ich die Behandlung schon früher machen lassen, hätte ich mir viele Schmerzen und Sorgen sparen können.“

Mehr Infos: www.drmagin.de

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