Ein heute von Experten der medizinischen Gesellschaften und Patientenvereinigungen veröffentlichter Bericht ruft die politischen Entscheidungsträger in Europa auf, unverzüglich Massnahmen gegen Schlaganfälle einzuleiten, die jedes Jahr Tausende von unter Herzflimmern (AF) leidende Patienten betreffen.

– Unter der häufigsten anhaltenden Herzrhythmusstörung AF leiden mehr als 6 Millionen Menschen in Europa[1]. Dadurch verfünffacht sich das Schlaganfallrisiko[2]. AF ist für 15-20% aller von Blutgerinnseln verursachten Schlaganfälle (ischämischer Schlaganfall) verantwortlich[2],[3].

– Die Folgen eines Schlaganfalls können nicht nur die Lebensqualität des Patienten empfindlich beeinträchtigen[4], sondern auch die ihrer Familie und Betreuer[5].

– Der wirtschaftliche Schaden, den Schlaganfälle in Europa verursachen, wird auf die immense Summe von 38 Milliarden EUR jährlich geschätzt[6].

– Es wird davon ausgegangen, dass die Schäden dramatisch ansteigen, da erwartet wird, dass die Zahl der Menschen, die unter AF leiden, bis 2050 um das 2,5fache ansteigen wird[7],[8]. Dies liegt an einer alternden Bevölkerung und einer erhöhten Überlebensrate von Patienten mit einer Disposition zu AF (z.B. Herzinfarkt)[9].

– Viele der mit AF zusammenhängenden Schlaganfälle könnten durch eine Früherkennung und eine verbesserte Behandlung von AF verhindert werden[10].

Es ist dringend geboten, dass koordinierte Massnahmen ergriffen werden, um jährlich Tausende vermeidbarer Schlaganfälle zu verhindern, die bei zahlreichen AF-Patienten zu mentalen oder physischen Beeinträchtigungen oder gar zum Tod führen. Eine Vereinigung von Gesundheitsexperten aus ganz Europa, die Aktion zur Schlaganfallvorbeugung, stellte heute im Europäischen Parlament ihren Bericht „Wie wir eine Schlaganfall-Krise vermeiden können“ vor. Es werden darin Massnahmen vorgeschlagen, um das Problem von Schlaganfällen bei Patienten mit AF anzugehen. Dabei handelt es sich um die am weitesten verbreitete, andauernde Herzrhythmusstörung, die eine der Hauptursachen für Schlaganfälle ist.[1] Der von 17 führenden europäischen Vereinigungen von medizinischem Fachpersonal und Patientenvereinigungen unterstützte Vorschlag ruft Entscheidungsträger in der EU und die Regierungen der Mitgliedsländer auf, zu handeln, bevor die ansteigende Häufigkeit dieser Schlaganfälle sich zu einer grösseren Krise für das öffentliche Gesundheitssystem auswächst.

Der Bericht warnt vor einer regelrechten Schlaganfall-Epidemie in Europa, falls nicht jetzt Massnahmen ergriffen werden, um die ansteigende Flut vermeidbarer Schlaganfälle einzudämmen. Linda McAvan, Abgeordnete des Europäischen Parlaments (MEP) kommentiert: „Es ist wichtig, dass Regierungen und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen aktiv werden, um den aktuellen medizinischen Bedarf bei der Schlaganfallprävention abzudecken. Ich unterstütze die in dem Bericht von „Aktion zur Schlaganfallvorbeugung“ gemachten Vorschläge und meine, dass deren Umsetzung zu der Schlaganfallprävention bei Patienten mit AF beitragen und die dramatisch ansteigende klinische, wirtschaftliche und soziale Belastung durch Schlaganfälle in Europa reduzieren kann.“

Die Empfehlungen des Berichts bestehen aus: Verbesserung der Aufklärung von Patienten, AF-Diagnose und Schlaganfallrisikoeinschätzung, neue Vorbeugemassnahmen, verbesserter Austausch erfolgreicher Behandlungsmethoden zwischen den Mitgliedsländern, Entwicklung von Strategien zur Einhaltung von Richtlinien und die Bereitstellung gleicher und angemessener Therapiebedingungen für AF-Patienten.

Medizinischer Bedarf bei der Schlaganfallvorbeugung bei AF-Patienten

„Es besteht offenkundig ein medizinischer Bedarf bei der Schlaganfallvorbeugung bei AF-Patienten,“ sagt Professor Gegory Lip, Professor für kardiovaskuläre Medizin von der Universität Birmingham, Zentrum für kardiovaskuläre Forschungen, Städtisches Krankenhaus Birmingham, Grossbritannien. „Die Mehrzahl dieser Schlaganfälle könnte verhindert werden, aber fehlende Diagnose und unzureichende Betreuung von AF-Patienten sowie der nicht optimale Einsatz von Antikoagulantia und Nebenwirkungen der aktuell verwendeten Behandlungen führen dazu, dass die Patienten, ihre Familien und Betreuer und auch unsere Gesundheitssysteme eine übergrosse Last tragen“.

Der Schlaganfall ist die häufigste kardiovaskuläre Erkrankung nach der Herzerkrankung[11]. Aufgrund aktueller Entwicklungen wird angenommen, dass die Zahl der Schlaganfälle in der EU von 1,1 Millionen im Jahr 2000 auf 1,5 Millionen jährlich bis 2025 steigen wird[12]. Hinzu kommt, dass die mit AF in Verbindung stehenden Schlaganfälle schwerer sind, zu grösseren Behinderungen führen und einen viel schwereren Verlauf nehmen als Schlaganfälle bei Patienten ohne AF. Menschen, die einen von AF verursachten Schlaganfall erleiden, bleiben statistisch länger im Krankenhaus, werden mit geringerer Wahrscheinlichkeit nach Hause entlassen und haben eine um 50% erhöhte Wahrscheinlichkeit, dauerhaft an Behinderungen zu leiden[3],[13].

„Die Auswirkungen auf die körperlichen, emotionalen und kognitiven Behinderungen eines Patienten infolge eines Schlaganfalls können erheblich sein,“ sagte Eve Knigh, CEO, AntiCoagulation Europe. „Auf der anderen Seite können weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betreuer und der Familie auftreten, die psychische Probleme wie Depressionen oder Angstzustände bekommen können.“

Die Folgen des Schlaganfalls erstrecken sich auch auf unsere Gesundheitssysteme. Der davon verursachte wirtschaftliche Schaden summiert sich auf 2-3% der Gesamtausgaben für das Gesundheitswesen in der Europäischen Union[6]. Die Gesundheitsaufwendungen für Schlaganfälle sind bei AF-Patienten höher als bei Patienten ohne AF[14]. AF stellt einen erheblichen, eigenständigen Risikofaktor für Schlaganfälle dar und ist für 15-20% aller ischämischen Schlaganfälle (von Blutgerinnseln verursachte Schlaganfälle) verantwortlich[2,3].

Allein in Europa leiden ungefähr 6 Millionen Menschen unter AF[1]. Menschen mit AF sind eine wichtige Zielgruppe bei der Verringerung der Gesamtfolgen von Schlaganfällen. Diese wurde von der Heart Health Charter und der Politik der Europäischen Union als ein zentrales Erfordernis in Europa identifiziert[15].

Über AF und Schlaganfall

AF ist die häufigste andauernde Herzrhythmusstörung[1]. Sie verursacht Kammerflimmern im Herzvorhof, sodass es nicht effektiv schlägt. Dies führt dazu, dass das Blut nicht vollständig aus dem Herzen herausgepumpt wird, wodurch es zu Ansammlungen und Blutgerinnseln im Vorhof kommen kann. Wenn ein Blutgerinnsel das Herz verlässt, kann es zu einer Verstopfung einer Gehirnarterie führen, wodurch die Blutversorgung unterbrochen wird. Der Patient erleidet einen ischämischen Schlaganfall[16]. Ungefähr einer von fünf ischämischen Schlaganfällen ist auf AF zurückzuführen[3].

Die mit AF in Verbindung stehenden Schlaganfälle sind schwerer, führen zu grösseren Behinderungen und haben eine schlechtere Prognose als Schlaganfälle bei Patienten ohne AF[3]. Obwohl die derzeitige Behandlung von Schlaganfällen – mit Vitamin K Antagonisten wie Warfarin – effizient sein kann, wird sie doch auch mit einer Reihe von Nachteilen verbunden und kommt zur Zeit in Europa nicht in ausreichendem Umfang zum Einsatz, besonders bei älteren Patienten mit dem grössten Schlaganfallrisiko[17].

Für eine effiziente Vorbeugung von Schlaganfällen, die in Verbindung mit AF stehen, ist es entscheidend, bei Patienten mit einem Arrhythmie-Risiko AF-Vorbeugung zu betreiben, AF vor dem ersten Schlaganfall zu erkennen und die Empfehlungen für antikoalugene Therapien einschliesslich neuer Behandlungsmöglichkeiten zu beachten[10].

Über den Bericht

Bei den Autoren handelt es sich um weltweit führende Fachleute für Kardiologie, Neurologie, Gesundheitsökonomie, Politik und Patientenvertretung.

Die Empfehlungen des Berichts werden unterstützt durch:

– ADKA (The German Society of Hospital Pharmacists)

– AntiCoagulation Europe (ACE)

– Arrhythmia Alliance (A-A)

– Atrial Fibrillation Association (AFA)

– European Society of Cardiology (ESC) Working Group on Thrombosis

– European Association of Hospital Pharmacists (EAHP)

– European Brain Council (EBC)

– European Heart Rhythm Association (EHRA)

– European Primary Care Cardiovascular Society (EPCCS)

– European Stroke Organisation (ESO)

– European Stroke Conference

– German Competence Network on Atrial Fibrillation (AFNET)

– International Council of Nurses (ICN)

– Italian Atherosclerosis, Thrombosis and Vascular Biology (ATBV) Working Group

– Sociedad Española de Neurologia (Spanische neurologische Gesellschaft)

– StopAfib.org

– World Stroke Organization (WSO)

Die Vereinigung „Aktion zur Schlaganfallvorbeugung“ wird finanziell von der Bayer Schering Pharma AG unterstützt.

Nachweise

[1] Kannel WB, Benjamin EJ. Status of the epidemiology of atrial fibrillation. Med Clin North Am 2008;92:17-40

[2] Wolf PA, Abbott RD, Kannel WB. Atrial fibrillation: a major contributor to stroke in the elderly. The Framingham Study. Arch Intern Med 1987;147:1561-4

[3] Marini C, De Santis F, Sacco S et al. Contribution of atrial fibrillation to incidence and outcome of ischemic stroke: results from a population based study. Stroke 2005;36:1115-19

[4] Wolfe CD. The impact of stroke. Br Med Bull 2000;56:275-86

[5] White CL, Poissant L, Cote-LeBlanc G, et al. Long-term caregiving after stoke: the impact on caregivers‘ quality of life. J Neurosci Nurs 2006;38:354-60

[6] Allender S, Scarborough P, Peto V et al. European cardiovascular disease statistics 2008 edition.

http://www.heartstats.org/uploads/documents%5Cproof30NOV2007.pdf. Zugriff November 2009

[7] Go AS, Hylek EM, Phillips KA, et al. Prevalence of diagnosed atrial fibrillation in adults: national implications for rhythm management and stroke prevention: the AnTicoagulation and Risk Factors in Atrial Fibrillation (ATRIA) Study. JAMA 2001;285:2370-5

[8] Miyasaka Y, Barnes ME, Gersh BJ et al. Secular trends in incidence of atrial fibrillation in Olmsted County, Minnesota, 1980 to 2000, and implications on the projections for future prevalence. Circulation 2006;114:119-25

[9] Briffa T, Hickling S, Knuiman M, et al. Long term survival after evidence based treatment of acute myocardial infarction and revascularisation: follow-up of population based Perth MONICA cohort, 1984-2005. BMJ 2009;338:b36

[10] Kirchhof et al. Early and comprehensive management of atrial fibrillation: Proceedings from the 2nd AFNET/EHRA consensus conference on AF entitled ‚Research perspectives in AF‘, EurHJ 2009

[11] World Health Organization. The global burden of disease: 2004 update.

http://www.who.int/healthinfo/global_burden_disease/2004_report_u pdate/en/index.html. Zugriff November 2009

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[13] Lamassa M, Di Carlo A, Pracucci G et al. Characteristics, outcome, and care of stroke associated with atrial fibrillation in Europe: data from a multicenter multinational hospital based registry (The European Community Stroke Project). Stroke 2001;32:392-8

[14] Bruggenjurgen B, Rossnagel K, Roll S et al. The impact of atrial fibrillation on the cost of stroke: the Berlin acute stroke study. Value Health 2007;10: 137-43

[15] Health-EU: Cardiovascular disorders.

http://ec.europa.eu/health-eu/health_problems/cardiovascular_dise ases/index_en.htm. Zugriff November 2009

[16] NHS Choices. Atrial fibrillation. 2007

http://www.nhs.uk/Conditions/Atrial-fibrillation Zugriff November 2009

[17] Olsson SB, Helperin J. Prevention of stroke in patients with atrial fibrillation. Seminars in Vascular Medicine 2005;5(3):285-92

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