Rettungskräfte werden bei ihren Einsätzen immer häufiger behindert: Beschimpfungen und Rangeleien erleben die Sanitäter fast täglich. Angriffe aggressiver oder betrunkener Menschen gefährden die oftmals lebensrettende Arbeit. Das sind die Ergebnisse einer Studie der Ruhr-Universität Bochum, die die Malteser in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben haben. An der Befragung beteiligten sich 265 Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes aus 21 Rettungswachen in Nordrhein-Westfalen. Die Studie dient den Maltesern zur Analyse der Arbeitsbedingungen ihrer Rettungskräfte. Ziel soll eine bessere Vorbereitung auf den Einsatz sein.

Die schwierige Arbeit in sozialen Brennpunkten, am Rande von Demonstrationen, Fußballspielen oder Ausschreitungen sowie das berufliche Miterleben häuslicher Gewalt werde zunehmend für die Rettungskräfte zu einer Gefahr, so die Autoren der Studie. Die Zahlen sind nicht repräsentativ, geben jedoch nach Ansicht der Malteser deutliche Hinweise auf das Problem. Behinderungen und Beleidigungen werden von 90 Prozent der Rettungskräfte als Alltagserfahrungen beschrieben. Tätliche Angriffe wären dagegen deutlich seltener. Immerhin geben 63 Prozent aller Antwortenden an, schon einmal tätlich angegriffen worden zu sein. Sie gehörten damit zu den Erfahrungen, die die meisten Rettungskräfte im Lauf ihrer Berufstätigkeit machen müssten.

Ferner zeigten sich deutliche regionale Unterschiede: Angriffe seien besonders ein Problem der Großstädte. Unabhängig von der eigenen Betroffenheit würde Gewalt gegen Rettungskräfte mit großer Mehrheit als wichtiges Problem angesehen. Der vorherrschende Eindruck sei, dass sowohl Behinderungen und Beleidigungen als auch tätliche Angriffe in den vergangenen drei Jahren zugenommen hätten. Tätliche Angriffe gingen vor allem vom Patienten selbst aus. Bedrohungen gingen dagegen in der Regel vom Umfeld des Patienten oder von anderen Beteiligten aus, Angriffe seien von dieser Personengruppe eher selten.

Auch wenn es bei der Bedrohung durch Beteiligte selten zu Angriffen käme, seien solche Erfahrungen nicht zu unterschätzen, so die Studie. Sie riefen intensive Angst und erlebte Hilflosigkeit unter den Rettungskräften hervor und könnten langfristige Belastungen zur Folge haben. Diese Situationen werden laut der Befragung fast ausschließlich aus dem Ballungsräumen berichtet.

Als bedrohlich empfinden viele Rettungskräfte solche Einsätze, in denen das Umfeld der Patienten die Einsatzmaßnahmen nicht versteht. Mangelnde Sprachkenntnisse und unterschiedliche kulturelle Hintergründe können für Befremden und Missverständnisse sorgen. Das könne sich zu einem unberechenbaren Umfeld des Patienten entwickeln. Gründe können laut Studie sein, dass die Bedingungen eines Rettungseinsatzes in der Regel schnelles und intensives Eingreifen beim Patienten verlangen und wenig Raum für die Kommunikation mit Angehörigen oder Freunden ließen.

Gewalt- und Angsterfahrungen im Rettungsdienst bedeuteten psychologisch den Verlust von Handlungskontrolle. Demgemäß wurden von den Rettungskräften bevorzugt Maßnahmen gewünscht, die dazu dienten, die bedrohte Handlungskontrolle wiederherzustellen, beispielsweise durch Deeskalationstrainings. Die Deeskalationstrainings sollten laut Studie stärker die Kommunikation mit dem Umfeld des Patienten (Angehörige, Freunde etc.) in den Mittelpunkt stellen.

Die Malteser planen, Fortbildungen und Trainings auf die typischen Gefahrensituationen zuzuschneiden. Zudem will die Organisation prüfen, ob Sprachkurse, ein höherer Anteil von Rettungskräften mit Migrationshintergrund oder andere Maßnahmen geeignet sind, die Kommunikation mit dem Umfeld zu verbessern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.