Mit dem Wort „Krisenmanagement“ bezeichnet man per Definition den systematischen Umgang mit einer Krisensituation. Dass es sich beim Unfall im Atomkraftwerk im japanischen Fukushima um eine Krise im schlechtesten Sinne des Wortes handelt, ist unstrittig. Kritisch ist aber auch die Art der Kommunikation, die sowohl das betreibende Unternehmen als auch die japanische Regierung pflegt. Die Informationen kommen schleppend und in Häppchen, was sich in einer zunehmenden Verbraucherverunsicherung niederschlägt.

„Welche Lebensmittel kommen aus Japan?“ „Kann ich noch meine Fischstäbchen essen, ohne verstrahlt zu werden?“ „Sind Sushi-Bars ab jetzt tabu?“ Solche Fragen aus Internetforen zeigen, was im aktuellen Fall an Informationen fehlt: die Handlungsebene. Das Kommunikationsunternehmen JOM hat Diskussionen über radioaktiv belastete Nahrungsmittel in Blogs, Foren und sozialen Netzwerken analysiert. Das wenig überraschende Ergebnis: Das Volumen der Fragen und Kommentare hat sich seit Februar 2011 verachtfacht. Das Volumen der derzeit vorliegenden Fakten ist dem gegenüber eher überschaubar.

Erstens: In Deutschland ist bislang keine erhöhte Strahlenbelastung bei Lebensmittelimporten aus Japan festgestellt worden. Das teilte Mitte April das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit. Bei allen Proben lagen die Messwerte für die Radionuklide Jod-131, Cäsium-134 und Cäsium-137 in einem Bereich, der der normalen Hintergrundbelastung entspricht und damit weit unter den gültigen Höchstwerten.
Zweitens: Die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten haben sich Ende März auf verstärkte Einfuhrkontrollen bei Lebensmitteln und Futtermitteln aus Japan verständigt. Nach einiger Kritik aus den EU-Ländern hat die Kommission Mitte April zusätzlich strengere Grenzwerte für die radioaktive Belastung importierter japanischer Erzeugnisse festgesetzt.

Drittens: Seit der Reaktorkatastrophe hat Deutschland kaum noch Lebensmittel aus Japan importiert. Der Anteil japanischer Lebensmittel aller in Deutschland importierten Güter der Land- und Ernährungswirtschaft lag im März bei 0,055 Prozent. Aus Japan kommen hauptsächlich Spezialitäten wie etwa Würzsoßen, Tee und Mate.
Für eine verfrühte Panik besteht also kein Anlass. Nichtsdestotrotz ist zu vermuten, dass in den nächsten Monaten verstärkt Lebensmittel mit hoher Strahlenbelastung auftauchen werden. Sehr wahrscheinlich aber nicht in deutschen Supermärkten. Es ist zu hoffen, dass die direkt Beteiligten so schnell wie möglich zu einer transparenten Informationspolitik übergehen.

Harald Seitz, www.aid.de

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