Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände haben heute ihr Zukunftskonzept für eine patientengerechte Arzneimittelversorgung vorgestellt. Ärzte und Apotheker zeigen mit diesem Konzept, wie sie zukünftig gemeinsam die Arzneimittelversorgung für die Patienten verbessern wollen, erklärten KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller und ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf bei der Präsentation in Berlin.

Eines der häufigsten Probleme in der Arzneimitteltherapie sei die fehlende Compliance der Patienten, erklärte Müller. „Bei Langzeittherapien liegt die Einnahmetreue bei lediglich 50 Prozent“. Aufgrund der Rabattverträge ist es für den Patienten derzeit häufig undurchsichtig, wann und warum er ein anderes als das verschriebene Präparat bekommt.

Je mehr Medikamente ein Patient einnehme, desto größer sei außerdem das Risiko arzneimittelbezogener Probleme, sagte Wolf. „Fast 7 Millionen aller Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nehmen fünf oder mehr Arzneimittel in der Dauertherapie ein. Hinzu kommt noch die Selbstmedikation.“ Dadurch steige das Risiko für unerwünschte Arzneimittelereignisse, die der Grund für etwa fünf Prozent aller Krankenhausaufnahmen seien. Bei geriatrischen Patienten seien es sogar bis zu 30 Prozent. Zwei Drittel dieser Fälle gelten als vermeidbar, sagte Wolf.

Das gemeinsame Konzept hat drei Bestandteile. Über den beiden „Säulen“ des Konzepts, dem Medikationskatalog und der Wirkstoffverordnung, bildet ein neues Medikationsmanagement das „Dach“. Das Medikationsmanagement richtet sich an chronisch kranke Patienten, die mindestens fünf Arzneimittel dauerhaft einnehmen. Jeweils ein Arzt und ein Apotheker übernehmen für ein Jahr gemeinsam die kontinuierliche Betreuung. Sie erstellen und aktualisieren unter anderem den vollständigen Medikationsplan. Arzneimittelrisiken lassen sich so besser vermeiden.

Das Konzept sieht vor, dass Ärzte zukünftig Wirkstoff, Stärke, Menge und Darreichungsform verordnen. Auf allen Arzneimittelpackungen muss deutlich lesbar der Name des Wirkstoffs verzeichnet sein. Grundlage für Verordnungen ist ein Medikationskatalog auf Wirkstoffbasis, der eine leitliniengerechte Versorgung sicherstellt. Der Apotheker wählt das Präparat aus und gibt es nach einer Beratung an den Patienten ab. Der Patient erhält außerdem einen Medikationsplan, der ihm genau anzeigt, welches Arzneimittel er in welcher Dosierung wann und wie lange einnehmen soll.

Von dem neuen Modell profitierten nicht nur die Patienten, auch die Krankenkassen könnten viel Geld sparen, sagte Wolf. „Die Kassen müssten von dem Konzept begeistert sein. Non-Compliance und unerwünschte Arzneimittelereignisse verursachen jährlich mehrere Milliarden Euro direkte Kosten, beispielsweise durch vermeidbare Krankenhauseinweisungen. Außerdem entsorgen wir jährlich Arzneimittel im Wert von über einer Milliarde Euro, weil sie nicht eingenommen wurden. Nach einer stufenweisen Einführung unseres Modells bis 2014 könnte die GKV pro Jahr 2,1 Milliarden Euro einsparen“, so der ABDA-Präsident.

Eine Bedingung für das Konzept ist, dass die Richtgrößenprüfungen dann wegfallen, sagte Müller. „Das würde erheblich zur Berufszufriedenheit beitragen. Nach unseren Befragungen sagen 50 Prozent der Medizinstudierenden, dass die Androhung von Regressen für sie ein Argument sei, sich nicht niederzulassen“, erklärte der KBV-Vorstand.

Müller und Wolf sehen in Non-Compliance und unerwünschten Arzneimittelereignissen Probleme, die Ärzte und Apotheker nur gemeinsam lösen können. „Wenn wir gemeinsam arbeiten, können wir viel erreichen“, betonten beide. Sie forderten die Politik auf, das Konzept in das geplante Versorgungsgesetz zu übernehmen und so der Arzneimitteltherapiesicherheit einen höheren Stellenwert einzuräumen.

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