Die Zahlen für das Jahr 2010 setzen den seit knapp 15 Jahren an-dauernden Rückgang ambulanter Vorsorgeleistungen fort. Um über 90 Prozent sind die Zahlen seit 1996 von knapp 900.000 auf nur mehr 80.183 Kuren gefallen. Der Bayerische Heilbäder-Verband (BHV) sieht hier sowohl bei der Gesetzlichen Krankversicherung (GKV) als auch bei der Politik eine gravierend falsche Prioritätensetzung, die auch volkswirtschaftlich zu Lasten der Gesamtgesellschaft gehen wird.

Über die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) wurden im Jahr 2010 lediglich noch 80.183 Fälle ambulanter Vorsorgemaßnahmen abgerechnet – nach rund 94.000 Fällen in 2009. Das bedeutet einen kontinuierlichen jährli-chen Rückgang von mehr als 90 Prozent seit dem Jahr 1996, in dem unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer im Zuge einer Gesund-heitsreform das so genannte Beitragsentlastunggesetz verabschiedet wurde. Damals betrug die Zahl der ambulanten Kuren noch knapp 900.000.

„Die Politik der Kassen und des Bundes, die sich in den dramatisch rückläufigen Zahlen widerspiegelt, ist in zweifacher Weise höchst bedenklich“, mahnt der 1. Vorsitzende des BHV und Bürgermeister von Bad Wörishofen Klaus Holetschek. Zum einen verkennen sowohl Politik, als auch Krankenkassen, den Ernst der Lage vollkommen. Gesundheit und Prävention seien die Megatrends der Zu-kunft, „und zwar nicht, weil wir das beim BHV gerne so hätten, sondern weil das eine logische und unabwendbare Konsequenz des demographischen Wandels unserer Gesellschaft ist“, so Holetschek. Die Menschen werden immer älter und damit einhergehend behandlungs- und pflegebedürftiger – bei zeitgleich steigendem Druck durch ein längeres Erwerbsleben. Nur durch eine sys-tematische und rechtzeitig einsetzende Gesundheitsvorsorge kann diesem Trend entgegengewirkt werden, wenn die Gesundheitskosten in Zukunft nicht gänzlich aus dem Ruder laufen sollen.

Dieses alarmierende volkswirtschaftliche Ausmaß wird noch durch eine gesell-schaftliche Dimension verschärft, denn der kontinuierliche Rückgang von Zu-schüssen der Krankenkassen zur ambulanten Kur bedeutet, dass sich die not-wendigen präventiven Maßnahmen nur noch Wohlhabende leisten können, die sowieso schon gesünder leben und medizinisch besser informiert sind. „Wir steuern geradewegs auf ein Modell zu, bei dem sich die Schere zunehmend zwischen den Selbstzahlern, die sich nachhaltige Gesundheit leisten können, und denen, die eine Gesundheitsförderung besonders nötig hätten, von den Kassen allerdings keine Unterstützung erhalten, öffnet“, beschreibt Holetschek die Situation. Eine solche Zwei-Klassengesellschaft der Gesundheit sei gänzlich inakzeptabel.

In der Politik und bei den Kassen ist kein langfristiges Denken sichtbar, es gehe bloß darum, gegenwärtig vermeintlich Geld einzusparen. „Dass hier an der fal-schen Stelle gespart wird und heute nicht bewilligte Kuren höhere Gesundheits-kosten in der Zukunft bedeuten, scheint nicht durchzudringen“, so Holetschek, „und dass diese falsche Sparwut gerade bei denen ansetzt, die eine Unterstüt-zung besonders nötig hätten, ist ein wahrer Skandal“.

Das Argument der Kassen, dass sie schlichtweg weniger Anträge erhalten wür-den, und somit weniger Zuschüsse zu ambulanten Kuren bewilligen könnten, sei nach Holetschek eine durchschaubare Umkehrung der Kausalitäten, „denn wer möchte noch einen Antrag stellen, wenn er sowieso damit rechnen kann, dass dieser abgelehnt wird?“.

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