In deutschen Krankenhäusern wären jährlich rund 17.000 Todesfälle vermeidbar, schätzt das Aktionsbündnis Patientensicherheit. In der Oktober-Ausgabe des Magazins Reader’s Digest brechen drei renommierte Mediziner das Schweigen und berichten von Fehlern, die ihnen oder ihren Teams unterlaufen sind. In allen Fällen waren es ähnliche Ursachen: Hektik im Klinik-Alltag und ein Moment der Unaufmerksamkeit vor oder während der Operation.

Besonders spektakulär ist dabei der Fall eines Patienten, bei dem das falsche, nämlich gesunde Knie operiert wurde. Der operierende Chirurg schildert in der neuen Ausgabe von Reader’s Digest, dass ihm bei den Voruntersuchungen am Knie kaum etwas aufgefallen sei. „Ich vermutete einen Meniskusschaden, begann im OP mit der Kniespiegelung und fand im Innenmeniskus tatsächlich Veränderungen“, erinnert sich der Mediziner. Nach einer halben Stunde sei der Eingriff abgeschlossen gewesen, doch das böse Erwachen folgte bald.

Als der Patient – ein stadtbekannter Fußballspieler – aus der Narkose aufgewacht sei, habe er festgestellt, dass ihm das falsche Knie operiert worden sei. „Ich war völlig aufgewühlt und ging den Aufwachraum zu dem Patienten. Der war außer sich. Ich auch, muss ich sagen. Denn er hatte recht. Ich gab den Fehler zu und entschuldigte mich“, erinnert sich der Arzt. Bei der Rekonstruktion der Panne wurde die Ursache schnell gefunden: Ein anderer Arzt, der für die Lagerung des Patienten im Operationssaal zuständig war, hatte sich in der Akte verlesen und den Sportler auf dem OP-Tisch falsch positioniert.

Während die Staatsanwaltschaft anfangs gegen den operierenden Arzt wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelte, das Verfahren dann aber einstellte und der Fall über die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses geregelt wurde, zog die Klinik umgehend ihre Konsequenzen aus der Panne. Seither wird die zu operierende Körperseite stets mit einem nicht abwaschbaren Stift markiert, ein Pfleger oder Arzt muss vor dem Eingriff noch einmal nach den Daten des Patienten fragen und das entsprechende Röntgenbild muss in den Operationssaal mitgenommen werden. So können unmittelbar vor Beginn des Eingriffs noch einmal alle Daten abgeglichen werden.

In einem weiteren Fall, über den das Magazin Reader’s Digest berichtet, wurden die OP-Termine von zwei Patientinnen vertauscht, so dass die Ärzte beinahe einen Notfalleingriff am Darm einer Frau vorgenommen hätten, die diesen gar nicht benötigte In einem anderen Fall wunderten sich ein OP-Arzt und sein Anästhesist, warum ein Patient unmittelbar vor der Operation nicht einschlief, obwohl er die Narkosemittel erhalten hatte. Der Grund: Statt dem Schlafmittel war ihm ein Herz-Kreislauf-Mittel gespritzt worden – ein potenziell lebensgefährdender Fehler. Die Ursachen für die Verwechslungen in beiden Fällen: Zeitdruck im Klinikalltag, mangelhafte Kommunikation zwischen Pflegern und Ärzten sowie im letztgenannten Fall zudem eine missverständliche Etikettierung der Spritzen.

Viele Kliniken haben aufgrund solcher Pannen in den vergangenen Jahren ein Fehlermeldesystem eingerichtet, um damit Ärzte und Pfleger zu schulen und sie auf mögliche Risiken hinzuweisen. Auch die Patienten können einen Beitrag dazu leisten, dass in den Krankenhäusern weniger Fehler passieren. Das Magazin Reader’s Digest gibt dafür einige wichtige Tipps.

So sollten Patienten darauf achten, dass bei der Aufnahme genauso wie beim Aufklärungsgespräch der Vor- und Nachname korrekt ausgesprochen und geschrieben und weitere Angaben richtig verstanden worden sind. Wer im Zuge der Diagnose oder bei der Behandlung etwas nicht versteht, sollte umgehend nachfragen. Sobald der Verdacht entsteht, dass ein Fehler gemacht wird oder eine Panne bereits passiert ist, sollte man sofort den Arzt oder das Pflegepersonal darauf ansprechen.

Wenn die Sorgen nicht ernst genommen werden, kann man sich an den Patienten-beauftragten des Krankenhauses oder an die Beschwerdestellen wenden; entsprechende Adressen sind im Internet unter www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de zu finden.

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