Deutschland hat „Rücken“. Obwohl in den Betrieben immer mehr Abläufe automatisiert werden und immer mehr Menschen an Schreibtischen arbeiten, geht fast jeder zehnte Krankschreibungstag in Deutschland auf den Rücken. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport hervor, den die Techniker Krankenkasse (TK) heute in Berlin vorstellte. Durchschnittlich war jede TK-versicherte Erwerbsperson – dazu gehören sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Empfänger von Arbeitslosengeld I – 2013 1,4 Tage wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung ergeben sich rund 40 Millionen Fehltage bundesweit.

Die hohen Fehlzeiten resultieren aus der großen Zahl der Betroffenen und einer sehr langen Erkrankungsdauer der Patienten: Statistisch gesehen war jede zwölfte Erwerbsperson 2013 wegen „Rücken“ arbeitsunfähig. Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: „Eine Krankschreibung aufgrund von Rückenbeschwerden dauert im Schnitt 17,5 Tage und damit fünf Tage länger als eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit. Für einen mittelständischen Betrieb mit 60 Beschäftigten bedeutet das, dass jedes Jahr fünf Mitarbeiter zweieinhalb Wochen ausfallen und der Unternehmer drei Monatsgehälter auf das Konto „Rücken“ überweist.“

Betroffen sind laut TK erwartungsgemäß Berufe, in denen schwer körperlich gearbeitet wird, wie die Berufe in der Ver- und Entsorgung (5,1 Fehltage pro Kopf aufgrund von Rückenbeschwerden), im Tiefbau (4,7 Tage) und in der Altenpflege (4,1 Tage). Aber auch durch einseitige und mangelnde Bewegung können Rückenbeschwerden entstehen wie zum Beispiel bei den Berufskraftfahrern, die es mit 4,3 Rückenfehltagen nicht nur überdurchschnittlich im Kreuz haben, sondern auch insgesamt zu den Berufen mit den höchsten Fehlzeiten gehören.

Laut TK-Gesundheitsreport nehmen Rückenbeschwerden im Laufe des Erwerbslebens deutlich zu. Dr. Thomas Grobe vom Aqua-Institut, das für die TK die Daten ausgewertet hat: „Die durchschnittlichen Fehlzeiten steigen bei Männern zwischen 15 und 64 Jahren um den Faktor zehn und bei Frauen um den Faktor 8,6.“

Angesichts dessen, dass das Durchschnittsalter in den Betrieben deutlich steigt, betonte die TK, wie wichtig Investitionen in betriebliches und individuelles Gesundheitsmanagement sind. „Hier sind Arbeitgeber, Krankenkassen und die Betroffenen gleichermaßen gefordert. Es geht darum, Arbeit gesünder zu gestalten, aber auch um einen insgesamt gesünderen Lebensstil, der auch nach Feierabend gelebt wird“, so der TK-Chef.

Rückenbeschwerden hätten in den allermeisten Fällen nicht nur eine Ursache. Meist kommen mehrere Faktoren wie Bewegungsmangel, einseitige Belastung und Stress zusammen. Vielen sitzt der Stress buchstäblich im Nacken, so dass es zu Verspannungen und Rückenschmerzen kommt. Die persönliche Konstitution und Lebenssituation spiele hier eine große Rolle. Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der TK zeigt, dass drei von vier Beschäftigten mit hohem Stresslevel auch Rückenbeschwerden haben.

Die TK möchte aber nicht nur die Prävention, sondern auch die medizinische Versorgung erkrankter Patienten verbessern: „Die Daten zeigen uns, in welchen Regionen unsere Angebote besonders gebraucht werden. Wie zum Beispiel das Modellprojekt „Zweitmeinung Rücken“, das Patienten vor einer eventuellen Rücken-OP berät“, erklärt Klaus Rupp, Leiter des Versorgungsmanagements bei der TK. „In 80 Prozent der Fälle wurde den Patienten von der OP als Behandlungsmethode abgeraten, so dass in vielen Fällen langwierige Klinikaufenthalte vermieden werden konnten.“

Erstmals hat die TK Krankschreibungen und Rückenbeschwerden auch auf lokaler Ebene ausgewertet. Danach haben vor allem Erwerbspersonen im Kreis Wittmund in Ostfriesland (2,9 Tage), im Landkreis Mansfeld Südharz (2,9 Tage), in Bremen (2,9 Tage), im thüringischen Nordhausen (2,9 Tage) und in Herne (2,4 Tage) „Rücken“. Einen besonders starken Rücken haben dagegen die TK-Versicherten in Starnberg (0,5 Tage), im Landkreis München (0,7 Tage) sowie in Aschaffenburg und Dresden mit jeweils nur 0,8 rückenbedingten Fehltagen im Jahr.

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