Zucker und Fett machen nicht süchtig. Eine „Esssucht“ ist nicht auf einzelne Nahrungsbestandteile, sondern in erster Linie auf das individuelle Essverhalten zurückzuführen. Das lassen die Ergebnisse einer internationalen Übersichtsstudie vermuten, an der unter anderem die Universität Duisburg-Essen beteiligt war. Die Wissenschaftler hatten im Rahmen des EU-Projekts NeuroFAST (Food intake, Addiction and Stress) die Zusammenhänge zwischen Stress, Sucht und Essverhalten geprüft.

Süchtig nach Schokolade oder Fastfood? – Der Begriff „Esssucht“ wird oft leichtfertig verwendet. Anfällige Menschen können unter bestimmten Bedingungen eine Essstörung entwickeln, bei der sie zu große Mengen Nahrung aufnehmen. Wenn die Betroffenen unter regelmäßigen Essanfällen mit subjektivem Kontrollverlust leiden, spricht man auch von einer „Binge Eating Disorder“. Folgen sind Übergewicht und Adipositas. Außerdem setzt das Essen ohne Hungergefühl vor allem Übergewichtige unter Stress.

Nach aktuellen Forschungsergebnissen ist die „Esssucht“ aber nicht auf einzelne Nährstoffe zurückzuführen. Denn das Gehirn reagiert auf Zucker oder Fett nicht in gleicher Weise wie auf Drogen, Alkohol oder Nikotin. Zudem sind Lebensmittel enorm komplex. Es ist es sehr unwahrscheinlich, dass bestimmte Produkte nur wegen einzelner Substanzen ausgewählt werden. Stattdessen liegt die Motivation vermutlich in den positiven Gefühlen, die mit dem Essen verknüpft sind – ähnlich wie bei einer Spielsucht. Denn die Nahrungsaufnahme aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. In gewisser Weise sind Betroffene süchtig nach dem Prozess des Essens. Daher sollte bei Präventionsstrategien gegen Übergewicht neben der Lebensmittelauswahl die Beziehung des Menschen zum Essen in den Fokus gerückt werden, meinen die Autoren. Ziel zukünftiger Studien ist es, wissenschaftlich fundierte Kriterien zur Diagnostik einer „Esssucht“ zu bestimmen.

Heike Kreutz, aid.de

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