Zwei wissenschaftliche Studien (Brandlistuen, Liew) sind aktuell vielfach diskutiert- sie zeigen einen Zusammenhang zwischen Paracetamol und ADHS. Die Einnahme in der Schwangerschaft soll demnach bei Kindern zu Verhaltensauffälligkeiten führen. Doch die Ergebnisse sind seit der Veröffentlichung bereits umstritten. Medizinische Experten, unter Ihnen Neurowissenschaftler oder die Beauftragten der europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde (EMA), haben die Einzelheiten der Studien analysiert. Das Ergebnis: Ein Zusammenhang zwischen Paracetamol und ADHS gilt als nicht bewiesen. Paracetamol bleibt Mittel der Wahl in der Schwangerschaft. Seit dem Frühjahr 2014 wird diskutiert, ob die Verwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft zu körperlichen bzw. geistigen Verhaltensstörungen beim Kind führt bzw. ADHS auslöst. Ausgangspunkt sind zwei skandinavische Studien, die das vermeintlich beweisen (Brandlistuen 2013, Liew 2014).

Die Europäische Arzneimittelbehörde hat folglich die Studien in einem Sicherheitsbewertungsverfahren untersucht – das Ergebnis des Expertenkomitees wurde im Juni 2014 präsentiert. Die Aussage wörtlich: „Ein kausaler Zusammenhang zwischen Paracetamoleinnahme und ADHS konnte nicht festgestellt werden. Die Empfehlung zur Verwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft bleibt aufrecht“. Das Verfahren wurde eingestellt.

Auch die Experten des deutschen Zentrums für Embryonaltoxikologie der Charité in Berlin (Embryotox), die offizielle Stelle zur Arzneimittelbewertung in dieser Hinsicht, kommen zu dem gleichen Ergebnis: „Es bleibt spekulativ wie Paracetamol zu den Verhaltensauffälligkeiten führen soll.“

Bei näherem Hinsehen zeigen beide Studien erhebliche Schwächen: Unbekannte Dosierungen von Paracetamol, unbekannte Dauer der tatsächlichen Paracetamol-Einnahme, nicht ausreichendes Datenmaterial zur Bewertung der Entwicklung der Kinder etc.. Die Liste lässt sich fortsetzen. So wurde die Diagnose „ADHS“ nicht etwa aus ärztlichen Berichten entnommen, sondern auf Basis eines Gesprächs mit den Eltern erstellt. Außerdem wurde die Tatsache, dass ADHS zu einem großen Teil vererbt wird, bei der Interpretation der Studien nicht beachtet. Eine Analyse der klinischen-psychologischen Expertin Cooper des Institutes für Neurowissenschaften aus Wales sieht ebenso Auffälligkeiten im Studiendesign und kommt zu dem Schluss; „Die Ergebnisse sollten vorsichtig interpretiert werden, die Empfehlung zur Einnahme von Paracetamol sollte sich nicht ändern“.

„Embryotox“ in Berlin unterstreicht, dass die Studienergebnisse ein „interessantes Signal“ darstellen – sie sollten weiter überprüft werden. Die Ergebnisse reichten aber keineswegs aus, um die Empfehlung von Paracetamol als Analgetikum der Wahl in der Schwangerschaft aufzuheben oder einzuschränken.

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