Viele Menschen leiden derzeit unter einer heftigen Erkältung – besonders unter Halsschmerzen. Doch wer damit in die Apotheke geht, wird häufig schlecht beraten. Das haben Recherchen des NDR Verbraucher- und Wirtschaftsmagazins „Markt“ ergeben (Sendung: Montag, 2. Februar, 20.15 Uhr, NDR Fernsehen). Neun von zehn Apotheken haben immer nur Medikamente eines Herstellers empfohlen – ohne den Kunden nach möglichen Unverträglichkeiten zu befragen. Pharmakologen kritisieren das Ergebnis, sprechen von einer „Werbemaschinerie“ in Apotheken.

In zehn Apotheken stellten sich „Markt“-Reporter mit Halsschmerzen vor. Und erhielten überall Lutschtabletten, zu verschiedenen Preisen. Dabei verkaufte eine Apotheke Medikamente gegen Halsschmerzen für knapp 32 Euro. Besonders auffällig: In neun dieser zehn Apotheken wurden Produkte von Dobendan empfohlen. Professor Gerd Glaeske, Pharmakologe und Leiter der Abteilung für Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung an der Universität Bremen, sieht das kritisch: „Das zeigt, dass das Marketing von Herstellern wirkt, jenseits der Fragestellung, ob es sich um sinnvolle Arzneimittel handelt. Auch Apotheker werden von Werbung beeinflusst. Ich finde, dass man sich davon frei machen muss. Was will der Hersteller? Der will natürlich viele Produkte absetzen. Was will der Großhandel? Der will natürlich auch viel verkaufen. Aber wenn ich in die Apotheke gehe, dann möchte ich eine vernünftige Beratung haben und nicht quasi der passive Verkäufer einer Werbemaschinerie sein, die der Hersteller angeworfen hat.“

Die Apothekervereinigung ABDA äußerte sich dazu schriftlich gegenüber „Markt“: „Welchen Einfluss das Marketing auf Patientennachfragen und damit in der Folge auf die Vorratshaltung von Apotheken hat, können wir nicht beurteilen.“

Allein in sechs Apotheken wurde das Medikament „Dolo-Dobendan“ verkauft. Es enthält auch den Wirkstoff Benzocain. Für den Pharmakologen Professor Gerd Glaeske problematisch: „Das soll den Halsschmerz betäuben, aber es ist ein Mittel, was möglicherweise Allergien auslösen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, dass in der Apotheke darauf hingewiesen und entsprechend informiert wird. Insofern würde ich immer fragen, wenn ich so ein Mittel verkaufen würde, ob jemand rasch allergisch reagiert. Und das scheint mir an keiner Stelle passiert zu sein.“

Der Hersteller von „Dolo-Dobendan“, das Unternehmen „Reckitt Benckiser“, erklärt „Markt“: „Wie bei allen Arzneimitteln können Unverträglichkeiten gegen Wirkstoffe oder sonstige Bestandteile auftreten. Es liegen derzeit jedoch keine Anhaltspunkte vor, dass bei der Anwendung von Dolo-Dobendan ein erhöhtes Allergiepotential auftritt.“

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