Bei rund 17.000 Frauen wurde innerhalb eines Jahres im Mammographie-Screening-Programm Brustkrebs entdeckt. Rund 12.000 der aufgespürten Karzinome sind kleiner als 2 Zentimeter und haben die Lymphknoten noch nicht befallen. Damit bietet sich für viele Screening-Teilnehmerinnen die Chance auf eine weniger aggressive, erfolgreiche Behandlung.

„Der Anteil kleiner und lymphknotenfreier Karzinome ist hoch. Wir gehen davon aus, dass sich entsprechend die Anzahl der fortgeschrittenen Tumore reduzieren wird“, betont Dr. Vanessa Kääb-Sanyal, kommissarische Geschäftsstellenleiterin der Kooperationsgemeinschaft Mammographie. „Unsere Daten zeigen auch, wie effektiv das Mammographie-Screening-Programm in Deutschland arbeitet. Auf der einen Seite finden wir bei durchschnittlich 6 von 1.000 untersuchten Frauen Brustkrebs mehrheitlich in einem prognostisch günstigen Stadium, auf der anderen Seite können wir die Belastung für gesunde Frauen möglichst gering halten.“

Von den 130.000 zur Abklärung einer Auffälligkeit einbestellten Frauen im Jahr 2011 wird bei nur 34.000 Frauen eine Gewebeentnahme erforderlich. Die Hälfte dieser Frauen erhält die Diagnose Brustkrebs, das sind 13 Prozent aller Frauen, die zur Abklärung eingeladen wurden. „Im Gegensatz zu anderen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, die auch Fehlalarme, also falsch-positive Befunde produzieren, haben wir für das Mammographie-Screening verlässliche Zahlen, die regelmäßig in unseren Berichten veröffentlicht werden“, betont Kääb-Sanyal.

Für eine hohe Transparenz in der Darstellung der Ergebnisse sorgt der Evaluationsbericht 2011. Erstmals umfasst die Präsentation neben prozentualen Angaben für die Leistungsparameter wie Einladungs- und Teilnahmerate, Stadienverteilung der Karzinome und Wiedereinbestellungen auch die Angabe in so genannten absoluten Zahlen. Ein Beispiel: Die Teilnahmerate in 2011 betrug 56 %, das entspricht rund 2,7 Millionen untersuchten Frauen.

Kääb-Sanyal: „Frauen sollten informiert sein über die Vor- und Nachteile, die mit einer Teilnahme am Mammographie-Screening verbunden sein können. Ein früh erkannter Brustkrebs bietet für die Frau die Chance auf eine schonendere Therapie. Zudem kann sie ihr Risiko, an Brustkrebs zu sterben, durch die Früherkennung im Screening senken.“ Das zeigen aktuelle Auswertungen aus den schon länger laufenden Mammographie-Screening-Programmen wie den Niederlanden1 und Kanada2. Diese Auswertungen bestätigen die Ergebnisse aus großen Kontroll-Studien, die in mehreren Ländern bereits vor der Einführung der Screening-Programme durchgeführt wurden. Darauf stützte sich auch der einstimmige Bundestagsbeschluss 2002, das Mammographie-Screening in Deutschland umzusetzen.

„Das Mammographie-Screening in Deutschland arbeitet erfolgreich“, betont Kääb-Sanyal. Die Vorgaben der Europäischen Leitlinien zur Qualitätssicherung zur Brustkrebsfrüherkennung werden mit sehr guten Ergebnissen erfüllt. „Die konsequente Umsetzung der Qualitätssicherung unter anderem mit Doppelbefundung, Fortbildungen für ÄrztInnen und medizinisch-technische radiologische AssistentInnen, Überprüfungen der fachlichen Qualifikation, der Mammographiegeräte sowie der Abläufe in den Screening-Praxen zahlen sich aus für die Frauen, die sich für eine Mammographieuntersuchung zur Brustkrebsfrüherkennung im Rahmen dieses Programms entscheiden.“

Der Vergleich der Daten vor der Einführung des Screenings (2005) mit den aktuellen Ergebnissen aus dem Programm zeigt ein klares Bild. Bis 2005 sind jährlich mehr als 4 Millionen Mammographien durchgeführt worden. Zu dieser Zeit lag der Anteil der invasiven Karzinome (bösartige Gewebeänderungen, die in das umgebende Gewebe hineinwachsen) unter 2 Zentimeter nur bei knapp 50 Prozent. Im Screening hingegen beträgt der Anteil nun rund 81 Prozent. Ohne Lymphknotenbefall waren vor Einführung des Programms lediglich 57 Prozent der Karzinome, heute sind es rund 79 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil des Brustkrebses in einem „späten“, prognostisch ungünstigen Stadium im Screening deutlich niedriger als vor Screening-Beginn. Finden ÄrztInnen im Programm nur noch rund 23 Prozent der invasiven Karzinome größer als 2 Zentimeter oder mit Lymphknotenbefall vor, waren es 2005 noch rund 55 Prozent.

„Wir haben viel erreicht, einiges liegt noch vor uns“, sagt Kääb-Sanyal. Bundesweit lassen sich zurzeit noch keine Aussagen darüber treffen, wie hoch der Anteil der so genannten Intervallkarzinome ist, also derjenigen Brustkrebsfälle, die nach einer Screening-Untersuchung mit einem unauffälligem Ergebnis dann vor dem nächsten Screening-Termin festgestellt werden. Die in ersten Auswertungen für Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ermittelten Intervallkarzinomraten, liegen im Referenzbereich der Europäischen Leitlinien und sind vergleichbar mit Ergebnissen anderer Screening-Nationen.

Aktuell viel diskutiert wird über „Überdiagnosen“ beziehungsweise „Übertherapien“. Dabei handelt es sich um Karzinome oder Brustkrebsvorstufen, die behandelt werden, aber bis zum Todeszeitpunkt der Frau mutmaßlich keine lebensbedrohliche Entwicklung genommen hätten. Doch kann für die einzelne Frau medizinisch nicht vorhergesagt werden, wie sich das Karzinom entwickeln wird. Die Schätzungen zur Häufigkeit von Überdiagnosen variieren in der Wissenschaft, je nachdem, auf welche Modellrechnungen sie beruhen. Für das deutsche Programm lassen die derzeit verfügbaren Daten der epidemiologischen Krebsregister vermuten, dass der Anteil der Überdiagnosen nicht im Bereich von 50 Prozent liegt, sondern deutlich niedriger ist. Denn: Mit der Einführung des Programms steigt die Anzahl registrierter Neuerkrankungen erheblich an: Durch das systematische Screening werden zunächst viele bestehende Karzinome gefunden, die ohne die Untersuchung im Programm zu diesem Zeitpunkt nicht entdeckt worden wären. Doch mit der flächendeckenden Umsetzung des Programms seit 2009 zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Neuerkrankungsrate. Diejenigen Karzinome, die ohne die Screening-Untersuchung erst später entdeckt worden wären, treten nun nicht mehr auf. Für eine belastbare Schätzung von Überdiagnosen muss allerdings die Entwicklung der nächsten Jahre abgewartet werden.

Auch für die Aussage, in welchem Maß die Brustkrebssterblichkeit durch das Mammographie-Screening in Deutschland gesenkt werden kann, müssen die Ergebnisse abgewartet werden. Erst nach 10 bis 15 Jahren Laufzeit zeigen sich solche Effekte eines Krebsfrüherkennungsprogramms. 2012 hat das Bundesamt für Strahlenschutz ein entsprechendes Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben.

Quellen:

1 Health Council of the Netherlands. Population screening for breast 
cancer: expectations and developments. 
The Hague: Health Council of the Netherlands,
2014; publication no. 2014/01E.

2 Coldman A., Pan-Canadian Study of Mammography Screening and 
Mortality from Breast Cancer.
JNCI J Natl Cancer Inst (2014) 106 (11): dju261

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