Wenn man gerade Linien plötzlich krumm und verzerrt sieht, dann ist nicht immer die feuchte Makuladegeneration die Ursache. Es gibt auch andere Augenerkrankungen, die zum verzerrten Sehen führen; sie werden unter dem Oberbegriff „traktive Makulopathie“ zusammengefasst. Was Augenchirurgen tun können, um diese Krankheiten zu behandeln, schilderte Prof. Dr. Anselm Kampik, München, während der Augenärztlichen Akademie Deutschland, die aktuell in Düsseldorf stattfindet.

Diese Krankheiten entstehen, wenn die natürliche Alterung des Glaskörpers nicht normal abläuft. Der Glaskörper füllt den größten Teil der Augenhöhle aus. Er besteht vor allem aus Wasser, darin befinden sich Salze, Kollagenfasern und andere Stoffe wie Hyaluronsäure. Die Alterung des Glaskörpers setzt etwa im Alter von 50 Jahren ein. Dann kommt es einerseits zur Verflüssigung, andererseits können die Kollagenfasern verklumpen und werden dann mitunter als „Mouches volantes“, kleine Flusen, die durchs Gesichtsfeld treiben, wahrgenommen. Gleichzeitig löst sich der Glaskörper mit seinen Kollagenfasern im hinteren Bereich des Auges von der Netzhautoberfläche ab – es kommt zur sogenannten hinteren Glaskörperabhebung. Doch nicht immer gelingt diese Ablösung vollkommen. Einzelne Kollagenfasern und Zellen können an der Netzhaut haften bleiben, sich vermehren und weitere Fasern produzieren. So entstehen Faserstränge oder Membranen, die schließlich einen Zug auf die Netzhaut ausüben.

Verschiedene Krankheitsbilder können daraus entstehen: Es können sich Membranen über der Netzhaut bilden (epiretinale Gliose oder Makular pucker), die erhebliche Sehbeeinträchtigungen auslösen. Bleibt der Glaskörper im Bereich der Makula stellenweise an der Netzhaut haften und übt Zug auf sie aus, dann kommt es zum vitreomakulären Traktionssyndrom. Die Zugkräfte können sogar Löcher in die Netzhaut im Bereich der Makula reißen (Makulaforamen). Das traktionsbedingte Makulaödem schließlich entsteht infolge anderer Augenkrankheiten wie etwa der diabetischen Netzhauterkrankung oder der Uveitis.

Für die Behandlung traktiver Makulopathien stehen zwei Wege zur Verfügung: Die mikrochirurgische Entfernung des Glaskörpers, bei der die Anhaftungen auf der Netzhaut mechanisch gelöst werden und – als neue Behandlungsmöglichkeit – die einmalige Injektion eines Medikaments in den Glaskörper. Der Wirkstoff Ocriplasmin wirkt wie ein Enzym und löst die Anheftungen des Glaskörpers an die Netzhaut. Er schiebt gewissermaßen den ins Stocken gekommenen Alterungsprozess weiter an.

Diese Injektion ist dann sinnvoll, wenn die Anhaftung des Glaskörpers nicht größer als 1500µm ist oder bei einem kleinen Makulaloch von weniger als 400 µm. Auf diese Weise können Augenärzte schon früh in das krankhafte Geschehen eingreifen; die Risiken und Nebenwirkungen sind im Vergleich zum operativen Vorgehen gering. Ein chirurgischer Eingriff ist angezeigt, wenn eine flächige Anheftung von epiretinalem Gewebe erkennbar ist, die schon zu deutlichen Veränderungen in der Netzhaut geführt hat.

Eine sorgfältige Diagnostik hilft zu entscheiden, welche Behandlung für welchen Patienten die richtige ist. Neben einer genauen Schilderung der subjektiven Beschwerden und der Untersuchung des Augenhintergrunds hat die optische Kohärenztomographie als bildgebendes Verfahren eine besondere Bedeutung, denn mit ihr lassen sich die Veränderungen in der Netzhaut detailliert darstellen.

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