Das Grundwasser in weiten Teilen Niedersachsens ist mit Rückständen von Pestiziden belastet. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Studie des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hervor, die dem NDR Politikmagazin „Panorama 3“ vorliegt. Demnach wurden an 45 Prozent der Grundwassermessstellen in Niedersachsen Rückstände von Pestiziden nachgewiesen. An zehn Messstellen wurden Grenzwerte für Wirkstoffe überschritten. Besonders häufig tauchte bei den Proben der Wirkstoff Bentazon auf, der in Unkrautvernichtungsmitteln vorkommt. „Der derzeitige Zustand zeigt deutlich, dass wir Belastungen haben, die teilweise über die Grenzwerte gehen. Das ist nicht tolerabel“, sagt Joseph Hölscher vom NLWKN.

Er fordert verbesserte Konzepte zum Schutz des Grundwassers. Zwar handelt es sich bei den Funden zum Großteil um Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln, von denen nicht grundsätzlich eine giftige Wirkung ausgeht. Dennoch sind die Macher der Studie auf Grund der Ergebnisse alarmiert: „Es ist ein Grund zur Besorgnis, dass diese Substanzen in so hohem Maße gefunden werden“, so Hölscher. Laut dem Bericht gibt es einen Zusammenhang zwischen den gefundenen Pestizidrückständen und angebauten Kulturen wie Rüben, Mais und Raps.

Landwirte verweisen darauf, dass ohne den Einsatz von Pestiziden in vielen Regionen Niedersachsens der Anbau von landwirtschaftlichen Produkten nicht mehr rentabel sei. Außerdem verwendeten sie nur zugelassene Wirkstoffe.

Auch viele Trinkwasserversorger in Norddeutschland stellen an ihren Grundwasserquellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln fest. „Unsere Sorge ist, dass die heutige Qualität des Grundwassers in Zukunft nicht mehr sicherzustellen sein wird“, sagt Olaf Schröder, Geschäftsführer des Wasserverbands Peine. Er kritisiert die aktuelle Zulassungspraxis für Pflanzenschutzmittel, nach der Rückstände von 0,1 Mikrogramm Pflanzenschutzmittel pro Liter Wasser zulässig sind. „Es muss eine Null im Grundwasser erreichbar sein und so müssen Zulassungen auch aufgestellt werden.“

In der Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Braunschweig, lehnt man eine Änderung der aktuellen Regeln ab. „Wenn wir überhaupt keine Pflanzenschutzmittel im Grundwasser wollen, dann hätten wir das zu bezahlen mit unsicherer Produktion von Nahrungsmitteln“, sagt Martin Streloke, Abteilungsleiter für Pflanzenschutzmittel beim BVL, zu „Panorama 3“. Er verweist aber darauf, dass dies letztliche eine Frage sei, die vom Gesetzgeber geklärt werden müsse. Martin Streloke räumt ein, dass es häufig mehrere Jahre dauert, bis der Fund eines Pestizids im Grundwasser aufgeklärt ist. In Zukunft soll diese Analyse schneller erfolgen.

Der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland hat in den vergangen Jahrzehnten stark zugenommen. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit lag der Pestizidabsatz 1993 noch bei 28.930 Tonnen. 20 Jahre später wurden 43.765 Tonnen hierzulande verkauft. Das entspricht einem Zuwachs von 51 Prozent.

Den Beitrag zu diesem Thema zeigt „Panorama3“ am Dienstag, 23. Mai, um 21.15 Uhr im NDR Fernsehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.