Übergewicht und Fettleibigkeit stehen offenbar mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften in Zusammenhang. So sind Menschen mit Essstörungen häufiger impulsiv und weniger selbstkontrolliert als Normalgewichtige. Das lässt eine Metastudie der Universitäten Bamberg und Bochum vermuten, für die mehr als 70 Untersuchungen aus den Jahren 1993 bis 2013 ausgewertet wurden. Die Persönlichkeit wurde anhand von fünf Faktoren eingeordnet – basierend auf Angaben der Probanden in Fragebögen: Neurotizismus (Ängstlichkeit, Impulsivität, Verletzlichkeit), Extraversion (Geselligkeit, Selbstsicherheit, Abenteuerlust), Gewissenhaftigkeit (Kompetenz, Pflichtbewusstsein, Selbstkontrolle), Verträglichkeit (Vertrauen, Geradlinigkeit, Empfindsamkeit) und Offenheit (Phantasie, Ideen, Werte).

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Offenbar hängen Übergewicht, Adipositas und „Fressattacken“ (Binge-Eating-Störung) mit gewissen Charakterzügen zusammen, so die Studienauswerter. Demnach wären übergewichtige Menschen tendenziell ängstlicher, verletzlicher und impulsiver als Normalgewichtige. Sie scheinen weniger beherrscht und mehr emotional zu essen und zu trinken. Zudem sind Übergewichtige laut der Studienergebnisse meist extrovertierter und anfälliger für Belohnungen, was Auswirkungen auf die Kalorienaufnahme und den Konsum von Süßigkeiten und Fastfood hat. Das Verhalten sei vor allem bei Menschen mit einer Binge-Eating-Störung ausgeprägt. Gewissenhafte Menschen leiden dagegen seltener an Übergewicht. Sie können sich selbst besser kontrollieren und haben die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben. Verträglichkeit und Offenheit scheinen nicht mit einem zu hohen Körpergewicht in Verbindung zu stehen.

Ein durchaus diskussionswürdiges Schema, das hier gezeichnet wurde. Und ein anschließender Diskurs der „Wissenden“ wird sich wahrscheinlich zwischen Stigmatisierung und wissenschaftlich hilfreicher Kategorisierung für die Behandlung von Patienten bewegen. Natürlich fehlt nicht die Absicherung bei einer solchen psychosozial gewagten Studienaussage, dass weitere Studien notwendig seien, um die Resultate zu untermauern.

Denn bei der Entstehung von Übergewicht sind viele individuelle Faktoren beteiligt. Es wäre interessant, Persönlichkeitseigenschaften mit der quantitativen Nahrungswahl in Bezug zu setzen. Zudem raten die Wissenschaftler, bei der Behandlung von Übergewicht den Charakter des Patienten zu berücksichtigen. Manchen Menschen fiele es aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur schwerer, ein „gesundes“ Körpergewicht zu halten. Betroffene könnten zum Beispiel durch spezielle Übungen lernen, mit ihrer Impulsivität umzugehen und die Selbstkontrolle zu stärken.

Heike Kreutz und Harald Seitz, aid.de

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