Die Lebensmittelwirtschaft erteilt einer farblichen Einteilung der Nährwertgehalte durch die Ampelfarben rot-gelb-grün eine Absage. Bundesminister Horst Seehofer kündigte heute bei der Vorstellung seines Leitfadens zur freiwilligen Nährwertkennzeichnung an, sich für die Farbunterlegung bei bestimmten Lebensmitteln einsetzen zu wollen. „Eine derartige Farbenkennzeichnung würde den Verbraucher in ein Labyrinth bringen, in dem er den richtigen Weg zur Einkaufsentscheidung nicht finden kann; sie würde große Verunsicherung hervorrufen“, kritisiert Prof. Dr. Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL). „Wir lehnen eine solche irreführende Farbgebung strikt ab. Qualitativ hochwertige Produkte würden verunglimpft werden“, so Horst. Die Lebensmittelwirtschaft teilt jedoch mit dem Ministerium den Ansatz einer objektiven Nährwertkennzeichnung auf freiwilliger Basis.

Eine Bewertung von Fett, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz in Ampelfarben gibt falsche Signale, sie ist eine Täuschung der Verbraucher. Das Ampelmodell ist wissenschaftlich nicht haltbar, die Grenzen der Farbübergänge sind willkürlich. Verbraucher stünden vor einem nicht verständlichen „Farbenwirrwarr“ beim Einkauf. Sie würden mit roten Stoppsignalen vor ernährungsphysiologisch wertvollen Produkten gewarnt, andererseits suggerierten grüne Punkte die beste Wahl. Letzten Endes entscheiden aber Mengen und Zusammenstellung der Lebensmittel über die Qualität der Ernährung und nicht einzelne Nährstoffgehalte.

Dass Bundesminister Seehofer nun eine farbliche Unterlegung anstrebt, widerspricht seinen Aussagen in der Vergangenheit. Mit gutem Grund hatte er sich ursprünglich für eine sachlich-faktische Nährwertinformation und gegen jede Art der Bewertung und insbesondere Abwertung einzelner Lebensmittel ausgesprochen. In der von seinem Bundesministerium durchgeführten Verbraucherbefragung zur Nährwertkennzeichnung glaubte etwa die Hälfte der Befragten, dass eine farbliche Unterlegung der Nährstoffe ihre Kaufentscheidung beeinflussen würde. Die Befragten hatten keine Hintergrundinformation zum Thema. Daher kann ein solches Ergebnis nicht für eine verantwortungsvolle Politik genutzt werden, so die Kritik des BLL.

Der BLL fordert eine objektive, nicht politisch/ideologisch bewertende Nährwertkennzeichnung mit Konzentration auf die Kalorienangabe als zentraler Information. Unabhängig davon muss die Verbraucheraufklärung gestärkt werden, um das Verständnis für eine abwechslungsreiche Ernährung generell zu verbessern. „Das hilft dem Verbraucher weiter, denn jeder Einzelne muss sich täglich für eine gute Kombination aller Lebensmittel im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung entscheiden“, beschreibt Horst den einzig gangbaren Weg.

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