Bill und Melinda Gates gaben heute bekannt, dass ihre gemeinsame Stiftung in den nächsten zehn Jahren 10 Milliarden US-Dollar (ca. 7,1 Mrd. Euro) für die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen für die ärmsten Länder der Welt zur Verfügung stellen wird.

Wie das Ehepaar Gates erklärte, könnte eine verstärkte Investition in Impfstoffe durch öffentliche Hand und Privatwirtschaft innerhalb des kommenden Jahrzehnts zu einer drastischen Senkung der Kindersterblichkeit in Entwicklungsländern beitragen. Zugleich riefen die beiden Stiftungsgründer Regierungen und Privatpersonen dazu auf, kritische Finanzierungslücken zu schliessen – sowohl im Bereich der Forschungsmittel als auch auf dem Gebiet der Immunisierungsprogramme für Kinder.

„Wir müssen dieses Jahrzehnt zu einem Jahrzehnt der Impfstoffe machen“, so Bill Gates. „In Entwicklungsländern retten und verbessern Impfstoffe bereits jetzt millionenfach Leben. Durch Innovationen wird es künftig möglich sein, mehr Kinder als je zuvor vor dem Tod zu bewahren.“

Bill und Melinda Gates gaben ihre Pläne auf dem Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums zusammen mit Julian Lob-Levyt, dem Vorsitzenden der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI Alliance), bekannt.

„Impfstoffe sind ein Wunder – mit nur wenigen Dosen schützen sie ein Leben lang vor tödlichen Krankheiten“, betonte Melinda Gates. „Wir haben Impfstoffe zur höchsten Priorität der Gates Foundation gemacht, weil wir hautnah ihre unglaubliche Bedeutung für das Leben von Kindern erlebt haben.“

Zur Vorausberechnung möglicher Auswirkungen von Impfstoffen auf die Kindersterblichkeit in den nächsten zehn Jahren nutzte die Stiftung ein Modell, das von einem Konsortium unter der Leitung des Institute of International Programs an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health entwickelt wurde.

Durch eine signifikante Aufstockung lebensrettender Impfstoffe in Entwicklungsländern auf eine Abdeckung von 90 % – neue Stoffe gegen die strenge Diarrhö und die Lungenentzündung inbegriffen – könnte nach diesem Modell von 2010 bis 2019 das Überleben von etwa 7,6 Millionen Kindern unter fünf Jahren gesichert werden. Darüber hinaus könnten nach Einschätzung der Stiftung weitere 1,1 Millionen Kinder durch die schnelle Einführung eines Malaria-Impfstoffes ab 2014 vor dem Tod bewahrt werden, so dass insgesamt potenziell bis zu 8,7 Millionen Leben gerettet werden.

Sollten in diesem Jahrzehnt weitere Impfstoffe entwickelt und eingeführt werden – etwa gegen Tuberkulose -, würde sich diese Zahl sogar noch erhöhen.

Die heute angekündigte Finanzierung erfolgt zusätzlich zu den 4,5 Milliarden US-Dollar (ca. 3,2 Mrd. Euro), welche die Gates Foundation seit ihrer Gründung bis heute bereits insgesamt in ihren Gesundheitsprogrammen für die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen zur Verfügung gestellt hat.

Öffentlich-private Partnerschaften treiben Fortschritte in der Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen voran

Bill und Melinda Gates machten deutlich, dass ihre Zusicherung durch die bemerkenswerten Fortschritte angeregt wurde, die in den letzten Jahren im Bereich der Impfstoffe zu beobachten waren. Einige Beispiele:

    - Impfquoten in Rekordhöhe: Nach neuen Daten der
      Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben die Impfquoten weltweit ein
      Allzeithoch erreicht und sich vom jahrelangen Rückgang in den 1990er-
      Jahren erholt. Zwischen 2000 und 2009 stieg in den ärmsten Ländern der
      Welt der Anteil von Kindern, die die Grundimmunisierung mit dem DTP3-
      Impfstoff (Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten) erhielten, sprunghaft
      von 66 % auf 79 %, den höchsten je verzeichneten Wert. Die Zahl der
      Sterbefälle durch Masern fiel zwischen 2000 und 2008 weltweit um 77 %,
      in Afrika sogar um 92 %.
    - Bessere Routineimpfungen: Partnerschaften mit Schwerpunkt auf der
      Bekämpfung von Krankheiten wie Kinderlähmung und Masern tragen
      ebenfalls zu einer stabileren Grundlage für die Bereitstellung sowohl
      neuer als auch bestehender Impfstoffe bei. Ausgebildetes
      Gesundheitspersonal, eine funktionierende Kühlkette sowie fortlaufende
      Überwachung sind allesamt notwendig, um sicherzustellen, dass die
      Impfstoffe jedes bedürftige Kind erreichen.
    - Einführung neuer Impfstoffe: Bedeutende neue Impfstoffe für zwei der
      grössten Ursachen weltweiter Kindersterblichkeit - strenge Diarrhö und
      Lungenentzündung - werden zunehmend verfügbar. Laut
      Forschungsergebnissen, die in dieser Woche im New England Journal of
      Medicine veröffentlicht wurden, hat die Einführung eines Impfstoffes
      gegen das Rotavirus in Südafrika und Malawi die Zahl der durch das
      Virus verursachten Diarrhöerkrankungen um mehr als 60 % gesenkt.
    - Dynamik in Forschung und Entwicklung: Die Zahl der aktuell in der
      Entwicklung befindlichen Impfstoff-Projekte ist stabiler als je zuvor.
      Studien zu einem vielversprechenden Impfstoff zum Schutz von Kindern
      gegen Malaria befinden sich im Spätstadium, ein neuer Impfstoff gegen
      Meningitis-Epidemien in Afrika wird voraussichtlich noch in diesem Jahr
      eingeführt.

Viele der neueren Fortschritte in der Impfstoffentwicklung und -verabreichung wurden durch öffentlich-private Partnerschaften wie der GAVI Alliance und dem Rotavirus-Impfstoffprogramm von PATH vorangetrieben. Diese koordinieren die Ressourcen und Kompetenzen von Impfstoffunternehmen, Spendern, UNICEF, Weltgesundheitsorganisation, Weltbank und den Entwicklungsländern. Wie Bill Gates erklärte, verändern diese Partnerschaften „das Impfstoffgeschäft derzeit von Grund auf“.

Die GAVI Alliance – auf dem Weltwirtschaftsforum vor genau 10 Jahren ins Leben gerufen – hat 257 Millionen Kinder zusätzlich mit neuen und zu wenig genutzten Impfstoffen erreicht und 5 Millionen Menschen vor dem Tod bewahrt. In den kommenden Jahren will sich die GAVI auf die schnelle Einführung von Impfstoffen gegen Diarrhö und Lungenentzündung konzentrieren.

„Investitionen in den weltweiten Impfschutz haben sich als aussergewöhnlich effektiv erwiesen“, sagte Julian Lob-Levyt. „Die GAVI Alliance wurde erst vor zehn Jahren gegründet und hat durch die Verbesserung des Zugangs zu Impfungen in den ärmsten Ländern der Welt bereits heute 5 Millionen Menschen vor dem Tod bewahrt. Und das Potenzial, im kommenden Jahrzehnt noch mehr zu erreichen, ist ein noch grösserer Anreiz.“

Mehr Engagement als wesentliche Bedingung für künftigen Erfolg

Das heutige Engagement wird ein breites Spektrum an Aktivitäten im Impfstoffbereich, von der Grundlagenforschung bis zu Innovationen bei der Verabreichung, unterstützen können. Jedoch sind weitere Milliardensummen von anderen Spendern nötig, um das Ziel einer 90-prozentigen Abdeckung im Impfschutz von Kindern zu erreichen. Kritische Finanzierungslücken belasten die GAVI und die weltweiten Programme zur Bekämpfung von Kinderlähmung und Masern, weitere Unterstützung wird für die unentbehrliche Forschung und Entwicklung neuer Impfstoffe benötigt.

Die Redner auf der Pressekonferenz hoben hervor, dass neue bedeutende Beiträge durch Spender, Regierungen und die freie Wirtschaft erforderlich sind, um:

    - Impfschutzprogramme rasch ausweiten zu können, damit alle Bedürftigen
      erreicht werden
    - die für die Schaffung neuer Impfstoffe nötigen Laborforschungen und
      klinischen Studien durchzuführen
    - lebensrettende neue Impfstoffe gegen die Lungenentzündung und die
      strenge Diarrhö sowie andere vielversprechende Impfstoffe, die sich
      gegenwärtig in der Entwicklung befinden, einzuführen
    - einen stabilen Markt für Impfstoffe in den Entwicklungsländern sowie
      eine ausreichende Versorgung durch die Hersteller zu gewährleisten

In einem Kommentar zur heutigen Ankündigung sagte die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan: „Das grosse Engagement der Gates Foundation für Impfstoffe ist beispiellos, jedoch nur ein Bruchteil dessen, was nötig ist. Es ist absolut entscheidend, dass sich Politik und Wirtschaft mehr dafür einsetzen, besonders bedürftige Kinder mit lebensrettenden Impfstoffen zu versorgen.“

Die Bill & Melinda Gates Foundation wird von der Überzeugung geleitet, dass jedes Leben den gleichen Wert hat, und bemüht sich darum, allen Menschen zu einem gesunden und produktiven Leben zu verhelfen. In Entwicklungsländern konzentriert sich die Stiftung auf eine Verbesserung der Gesundheit der Menschen und gibt diesen eine Chance, sich aus Hunger und extremer Armut zu befreien. In den Vereinigten Staaten möchte die Stiftung erreichen, dass alle Menschen, insbesondere diejenigen mit den geringsten Mitteln, Zugang zu den Chancen erhalten, die für einen Erfolg in der Schule und im Leben nötig sind. Hauptsitz der Stiftung ist Seattle, Washington, USA. Die Stiftung wird von CEO Jeff Raikes und dem Co-Vorsitzenden William H. Gates Sr. unter Führung von Bill und Melinda Gates und Warren Buffett geleitet.

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