Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Pharmaindustrie müssen einen Beitrag leisten, um das Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu verringern. Das fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) anlässlich neuer Zahlen zur Finanzlage der GKV, die der Schätzerkreis am Mittwoch vorstellen wird. „Es kann nicht sein, dass die gesetzlich Versicherten mit Zusatzbeiträgen zur Kasse gebeten werden, während andere ihre Besitzstände wahren“, kritisiert Vorstand Gerd Billen. Der vzbv sieht im Gesundheitssystem an zahlreichen Stellen Wirtschaftlichkeitsreserven.

Verschärft durch die Wirtschaftskrise öffnet sich in der GKV die Schere zwischen sinkenden Einnahmen und beständig steigenden Ausgaben immer weiter. Wie 2010 droht auch im kommenden Jahr ein Defizit in Milliardenhöhe. Viele Verbraucher werden deshalb mit Zusatzbeiträgen belastet. Die jüngst von der Koalition vorgestellten Maßnahmen bei den Arzneimittelpreisen lassen Einsparungen in Höhe von 1,15 Milliarden Euro erwarten. „Das reicht nicht, um weitere Zusatzbeiträge zu verhindern“, so Billen.

Senkung des Apothekenabschlags zurücknehmen
Knapp eine Milliarde Euro ließen sich nach Auffassung des vzbv im Arzneimittelvertrieb einsparen. Bei der Erstattung von Medikamenten müssen die Apotheken den Krankenkassen einen Zwangsrabatt einräumen. Diesen Abschlag hatte eine Schiedsstelle kürzlich um 55 Cent auf 1,75 Euro gesenkt, nachdem Verhandlungen zwischen Apotheken und GKV gescheitert waren. Dieser Beschluss ist wegen einer Klage der Krankenkassen allerdings noch nicht rechtskräftig. Jeder Cent Apothekenabschlag spart den Versicherten 6 Millionen Euro. Die Absenkung würde die GKV daher jährlich rund 330 Millionen Euro kosten. „Die Senkung passt nicht zur aktuellen gesellschaftlichen Lage und muss zurückgenommen werden“, fordert Billen. Würden darüber hinaus zwei Prozent des Großhandelsrabattes zugunsten der GKV abgeschöpft, entlastete dies die Kassen um weitere 600 Millionen Euro. „Die Koalition und der Gesundheitsminister sind gefordert, Apothekenabschlag und Großhandelsrabatt auf dem Verordnungswege festzulegen und so für mehr Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelvertrieb zu sorgen“, fordert Billen.

Ärztehonorare und Krankenhausvergütung reformieren
Die Einkommenssteigerungen der Vertragsärzte sollten aus Sicht des vzbv von der gesamtwirtschaftliche Entwicklung und der Einnahmebasis der GKV abhängig gemacht werden. „In Zeiten, wo Arbeitnehmer und Rentner Nullrunden hinnehmen müssen, können die Einkommen der Ärzte nicht überproportional steigen“, so Billen. Gegenläufig zur allgemeinen Wirtschaft- und Einkommensentwicklung sind die Vergütungen der niedergelassenen Ärzte im vergangenen Jahr um über drei Milliarden Euro deutlich gestiegen. Um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen, fordert der vzbv eine bessere Arbeitsteilung zwischen Ärzten und anderen Heilberufen. Modellversuche in einigen Bundesländern zeigen, dass davon Patienten und Ärzte gleichermaßen profitieren.

Reformbedarf sieht der vzbv auch bei der Krankenhausvergütung. In den vergangenen Jahren haben Krankenhäuser durch Spezialisierungen Rationalisierungs- und Produktivitätsgewinne erzielt. Diese haben jedoch bisher keinen Einfluss darauf, wie viel die GKV für bestimmte Leistungen zahlt. „Von mehr Wirtschaftlichkeit im Betrieb der Krankenhäuser müssen auch die Versicherten profitieren“, fordert Billen. Das größte Einsparpotential liegt bei der Vermeidung unnötiger Einlieferungen. Die Kosten pro stationären Behandlungsfall betragen durchschnittlich rund 3.500 Euro; bei Klinikaufenthalten wegen psychischer Erkrankungen liegen diese Kosten bei bis zu 6.000 Euro. Durch eine verbesserte ambulante Versorgung ließe sich bei psychisch kranken Patienten eine Einweisung in die Psychiatrie vermeiden. „Hier sind die Krankenkassen gefordert, intelligente Versorgungsmodelle zu entwickeln“, fordert Billen.

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