Mit dieser Schlagzeile macht aktuell eine Studie (Iowa Women’s Health Study*) auf sich aufmerksam. Sie kommt zu dem Schluss, dass ältere Frauen, die verschiedene Vitaminpräparate zu sich nehmen, ein höheres Risiko haben zu erkranken. Diese Aussage ist unseriös und wissenschaftlich so nicht haltbar, stellt die Gesellschaft zur Information über Vitalstoffe und Ernährung, GIVE e.V., fest.

Die Verfasser der Studie haben demnach entscheidende Standards nicht eingehalten, die für wissenschaftliche Untersuchungen unverzichtbar sind. Zu den methodischen Mängeln der Iowa-Studie gehört der Verzicht auf die umfassende und exakte Erfassung des Ernährungs- und des generellen gesundheitlichen Status der untersuchten Frauen, weder zu Beginn der Untersuchung, noch über deren Verlauf. Der Einfluss von Begleiterkrankungen wurde komplett außer Acht gelassen. Wenn etwa im Laufe des Studienzeitraums eine Krebserkrankung auftritt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Betroffenen nach einigen Jahren sterben. Mit der Diagnose einer schweren Erkrankung steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Patienten verstärkt zu Vitaminpräparaten greifen. Der Tod ist dann allerdings nicht auf die Vitamine zurückzuführen, sondern auf die Krebserkrankung.

Zu den elementaren Selbstverständlichkeiten einer wissenschaftlichen Studie gehört die Angabe der Dosis und der Formulierung der Wirkstoffe. Dies wurde in der Iowa-Studie ignoriert; Menge und Zusammensetzung der einzelnen Präparate sind nicht dokumentiert worden. Für einen Patienten kann es aber ganz entscheidend sein, ob er bestimmte Vitamine nur sehr niedrig oder extrem hoch dosiert zu sich nimmt. Es ist seit langem bekannt, dass verschiedene Mikronährstoffe – wie etwa Eisen und Kupfer – in hoher Dosierung toxische Wirkungen entfalten können. Nicht beachtet wurden in der Iowa-Studie auch mögliche Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln.

Diese Untersuchung ist eine epidemiologische Studie. Das heißt, es wird beobachtet, inwiefern zwischen der Einnahme von Nährstoffen oder auch Supplementen eine Beziehung besteht, aus der man eine Risikoabschätzung berechnen kann. Diese Studien können in der Ernährungsforschung hilfreich sein, sie sind aber nur von begrenzter Aussagekraft. Dies gilt umso mehr dann, wenn methodologische Schwächen hinzukommen, wie bei dieser Untersuchung. Nur um ein Beispiel zu nennen: Die Studie hat die Datenerhebung in drei Zeiträume aufgeteilt: 1986 – 1996, 1997 – 2003 und 2004 – 2008. Der Effekt der Multivitamine auf die Gesamtsterblichkeit in der Kohorte hat in den unterschiedlichen Zeiträumen variiert, manchmal ohne, in anderen Fällen aber mit einem Trend zu einem inversen Effekt. Allerdings wird jedoch auch eine protektive Wirkung beschrieben. Es ist nicht schlüssig, wenn die Autoren die verschiedenen Zeiträume zusammenfassen und daraus die Aussage ableiten, dass dann ein erhöhtes Risiko der Gesamtsterblichkeit von Multivitaminen ausgeht.

Diese Art von Berichterstattung ist nicht hilfreich. Insbesondere deshalb nicht, weil sie in der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit Verwirrung stiftet und Verunsicherung schafft. Die essentielle Rolle von Mikronährstoffen für die Gesundheit steht außer Frage. Ebenso die Bedeutung ihrer regelmäßigen Zufuhr mit der Ernährung, beziehungsweise mit Supplementen, wenn dies nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.

*Mursu J et al.; Dietary Supplements and Mortality Rate in Older Women: The Iowa Women’s Health Study. Archives of Internal Medicine, 2011; 171 (18)

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