Viele Menschen haben überhaupt keinen Kontakt zu pflegebedürftigen Menschen in ihrem Umfeld – die Rentnergeneration macht da keine Ausnahme. Das ergab eine Umfrage der GfK im Auftrag der DKV Deutsche Krankenversicherung, bei der über 3.000 Menschen befragt wurden. Demnach sagen 60 Prozent der Befragten, sie hätten selten oder nie persönlichen Kontakt zu pflegebedürftigen Menschen. Den wenigsten Kontakt zu Pflegebedürftigen haben junge Menschen unter 30 Jahren und die Altersgruppe der über 65-Jährigen. Knapp zwei Drittel der über 65-Jährigen sagen, sie hätten selten oder nie persönlichen Kontakt zu pflegebedürftigen Menschen. Das ist nicht nur bei den „jungen Alten“ unter 70 Jahren der Fall, sondern auch bei den höheren Altersgruppen.
Dieses Ergebnis überrascht, da doch die Pflegebedürftigkeit vor allem eine Sache des Alters ist, und die Freunde und Weggefährten der Pflegebedürftigen alle in einem ähnlichen Alter sein müssten. „Wir haben bei den Älteren ein Phänomen, dass Pflegebedürftigkeit ausgeblendet wird“, erklärt Bernd Reuschenbach von der Katholischen Stiftungsfachhochschule München. „Viele Ältere möchten sich mit dem Thema Pflege nicht beschäftigen, und haben dann auch Probleme, auf pflegebedürftige Freunde oder Nachbarn zuzugehen.“
Pflegebedürftige oft einsam
Reuschenbach ist überzeugt, dass in einigen anderen Ländern, etwa in den Niederlanden, diese Zahlen anders aussehen: „In den Niederlanden ist ‚zorg‘, also die Sorge um behinderte oder alte Menschen, für viele Teil des täglichen Lebens. In Deutschland gibt es dagegen viele alte Menschen – zuhause oder im Heim – die fast nie Besuch bekommen.“ Reuschenbach hat in einem eigenen Projekt in Bayern einmal erfasst, wie viele pflegebedürftige Menschen in den vergangenen sechs Monaten keinen Besuch durch Freunde, Verwandte oder Nachbarn bekamen – es waren 12,4 Prozent. Nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) fühlen sich 18 Prozent der Pflegebedürftigen in Deutschland einsam. Besonders betroffen sind verwitwete Frauen, die oft allein leben. Dass das gesellschaftliche Engagement für Pflegebedürftige in Deutschland wenig verbreitet ist, liegt auch an der Einstellung der Deutschen zum Thema Pflege: „Die Pflege hat in Deutschland ein noch schlechteres Image als in anderen europäischen Gesellschaften“, erklärte Reuschenbach.
Frauen haben mehr Kontakt zu Pflegebedürftigen
Nach den Zahlen der DKV haben 15 Prozent der Menschen täglichen Kontakt mit Pflegebedürftigen: Frauen mit 19 Prozent häufiger als Männer mit 11 Prozent. Kein Wunder: Frauen stellen zwei Drittel der Pflegepersonen zuhause und 88 Prozent des Personals in Pflegediensten. Den meisten Kontakt hat die Altersgruppe der 46 bis 65-Jährigen, die sowohl die Kinder der Pflegebedürftigen als auch Berufstätigen in der Pflege umfasst. Hier hat jeder Fünfte täglichen Kontakt mit pflegebedürftigen Menschen.