Bei der Anzahl von Operationen nimmt Deutschland weltweit einen vorderen Platz ein. Operationen haben grundsätzlich eine gesundheitliche Verbesserung zum Ziel. Sie hinterlassen aber immer Narben. „Die meisten wünschen sich, dass sich die Narbe schnell verwächst, wenig sichtbar bleibt. In vielen Fällen, selbst bei noch so kleinen Schnitten, verursachen Narben ganz andere als kosmetische Probleme.“, ist die Erfahrung von Bianca Peters, Ergotherapeutin im DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.).

Zeitgemäßes Operieren bedeutet unter anderem, wenn es vertretbar ist, Gewebe entlang der Zellstrukturen zu reißen oder beispielsweise endoskopisch oder arthroskopisch vorzugehen. Und dadurch möglichst wenige Strukturen zu schädigen beziehungsweise die Narbenbildung so klein wie möglich zu halten. Dennoch können auch kleinste Narben, beispielsweise am Finger, wo Operationsschnitte teils weniger als einen Zentimeter Länge haben, zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führen.

Wenn Operationsnarben Probleme machen: Alltagshandlungen analysieren

Wie gut durch eine Operation entstandene Narben verheilen, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Eingeschränkte Funktionalität, Missempfindungen oder Schmerzen lassen sich durch früh einsetzende Ergotherapie mindern oder verhindern. Bianca Peters beleuchtet ihren Part als Ergotherapeutin: „Optimal ist es, Narben schnellstmöglich nach einer Operation zu behandeln. Gibt es Entzündungen, heißt es abwarten, bis diese zurückgegangen sind.“ Die Durchblutung und damit den gesamten Heilungsprozess fördern, das Gewebe in Narbennähe massieren und mobilisieren und damit frühzeitig Verklebungen zu verhindern oder eventuell bereits entstandene zu lösen ist ihr erstes Ziel. Meist ist es so, dass Patienten nicht generell nach einer Operation, sondern erst dann Ergotherapie erhalten, wenn sie Beschwerden haben und dadurch in ihrem Alltag oder Berufsleben gehandicapt sind. Spätestens dann kommen sie zu spezialisierten Ergotherapeuten wie Bianca Peters. Denn diese richten zusätzlich zu allen anderen Aspekten den Blick auf die Alltagsbelange des Patienten. Peters erklärt diese Besonderheit: „Hat ein Patient nach einer Operation Beschwerden, die ihn einschränken, schaue ich mir an, bei welchen Tätigkeiten dies der Fall ist.“ Ergotherapeuten zerlegen alle Prozesse und schauen aufs Detail. Denn Handlungen sind komplex und bestehen aus vielen einzelnen Schritten. Eine Kassiererin am Band wird ziemlich sicher durch eine Operationsnarbe an der Schulter in ganz anderen Situationen und an anderen Stellen Beschwerden haben, als beispielsweise Handwerker oder Angestellte im Büro nach derselben Operation. Eine Operationsnarbe an der Schulter kann durchaus Beschwerden im Ellenbogen, am Handgelenk oder den Fingern bereiten. Dasselbe gilt für Operationsnarben an anderen Körperstellen. Oft entstehen Schmerzen an einer entfernten Stelle, die durch Muskeln oder andere Strukturen mit dem Narbenbereich verbunden ist. Durch genaues Beobachten und Befragen lassen sich die durch die Operation entstandenen Probleme im Einzelnen herausfinden und individuell passende Lösungen erarbeiten.

Ergotherapeutisches Vorgehen: Lob, Motivation und Wertschätzung

Eine weiteres, außergewöhnliches Merkmal von Ergotherapeuten ist die Art und Weise, wie sie mit ihren Patienten umgehen: auf Augenhöhe. Sprich, es wird miteinander kooperiert, nicht bestimmt oder vorgegeben. Und vielleicht noch wichtiger für ein optimales Behandlungs- und damit in Summe Operationsergebnis: Ergotherapeuten erwerben in ihrer Ausbildung unter anderem fundierte, psychologische und psychosoziale Kenntnisse. Das versetzt sie in die Lage, ihre Patienten immer wieder zu motivieren, sie so zu coachen, dass ihnen die Bedeutung des eigenen Anteils an der Heilung bewusst wird und sich diese Erkenntnis manifestiert. „Ich arbeite viel mit dem systemischen Denkansatz. Lob, Wertschätzung und Empathie haben einen entscheidenden Anteil bei meiner Behandlung.“, betont die Ergotherapeutin, weshalb ihre Rolle bei der Narbenbehandlung und das lösungsorientierte Arbeiten so wichtig sind. „Indem ich meine Patienten auf jeden noch so kleinen Erfolg hinweise, aufzeige, was alles möglich ist, wohin sie sich trotz der Operation (wieder) entwickeln können, mit ihnen darüber spreche, warum sie gerne zur Arbeit gehen und das wieder tun möchten, initiiere oder verstärke ich die Eigenmotivation. Denn ohne die bringt die ganze Behandlung nichts.“ Peters weiß, wovon sie spricht. Denn bei der Narbenbehandlung sind Geduld und eine intensive Mitarbeit der Patienten wichtig. Es empfiehlt sich, die Narbe ein bis zweimal täglich in Kernseife zu baden, mehrmals täglich die Narbe zu massieren und sie ebenso häufig einzucremen. Dies machbar und so zu gestalten, dass es die Patienten in den Alltag integrieren können, ist ebenfalls Aufgabe der Ergotherapeuten.

Hohe Erfolgsquote: vervollständigt das Ziel von Operationen

Manchmal ist sehr viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen nötig, um die Patienten so zu „packen“, dass sie ihr ganzes Engagement aufbringen, um ein gutes Resultat zu erzielen. Und das gelingt gerade bei der Narbenbehandlung ausgezeichnet. Nahezu alle – die Ergotherapeutin Peters schätzt etwa 90% – haben hinterher eine völlig wieder hergestellte Funktionalität. Auch Gewebe, Faszien und alle anderen Strukturen regenerieren sich vollständig durch eine professionelle Narbenbehandlung nach Operationen.

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