In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind bei Rettungsdiensteinsätzen hunderte Städte und Gemeinden strukturell unterversorgt. Das zeigt eine SWR Analyse aller Einsätze im Jahr 2017. Demnach hat sich die Notfallrettung im Vergleich zum Vorjahr sogar verschlechtert. Zu oft braucht der Rettungswagen zu lange zum Einsatzort. In 762 Gemeinden in Baden-Württemberg und in 1.268 in Rheinland-Pfalz konnten die gesetzlichen Vorgaben nur unzureichend eingehalten werden. Weitere Infos unter www.swr.de/hilfeimnotfall

Rettungsdienst überlastet

Die aktuellen gesetzlichen Regelungen lassen in Baden-Württemberg grundsätzlich eine Eintreffzeit von bis zu 15 Minuten und in Rheinland-Pfalz sogar von mehr als 15 Minuten zu. Der Rettungsdienst war aber 2017 damit erneut überfordert. Deshalb wurden die Vorgaben zu oft nicht eingehalten. So wurden beispielsweise die Hilfsfristen in 29 von 34 baden-württembergischen Rettungsdienstbereichen im vergangenen Jahr nicht erreicht. In einer Stellungnahme sieht das baden-württembergische Innenministerium „dringenden Handlungsbedarf bei den Bereichsausschüssen“. Diese müssten Maßnahmen ergreifen, um eine Verbesserung zu erzielen. Die Bereichsausschüsse sind in Baden-Württemberg für die Planung des Rettungsdienstes verantwortlich.

Medizinisch wünschenswerte 10 Minuten vielerorts nicht zu erreichen Die Eintreffzeiten werden über die Rettungsdienstgesetze beider Bundesländer gesteuert. Darin ist die sogenannte Hilfsfrist (BW) bzw. die Hilfeleistungsfrist (RP) als Planungsgröße verankert. Auf die Hilfe innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gibt es allerdings keinen Rechtsanspruch. Die aktuellen gesetzlichen Fristen orientieren sich außerdem nicht an der medizinisch wünschenswerten Frist von 10 Minuten. Daran gemessen wurden in Baden-Württemberg 840 Gemeinden zu oft nicht schnell genug erreicht. In Rheinland-Pfalz waren es 1.752 Gemeinden.

Kurze Hilfsfrist rettet Leben

Das rasche Eintreffen des Rettungsdienstes kann lebenswichtig für Notfallpatienten sein. So belegt eine aktuelle Studie von Notfallmedizinern, dass die Hilfsfrist direkten Einfluss auf die Überlebenschancen von Patienten mit schweren Notfällen hat. Für eine Untersuchung wurden über 10.000 Fälle aus dem Deutschen Reanimationsregister ausgewertet. Die Fachleute konnten einen Zusammenhang zwischen der Länge der Hilfsfrist und den Genesungs- bzw. Überlebenschancen von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand identifizieren. Notärzte und Fachleute fordern deshalb, dass der Rettungsdienst bei schweren Unfällen und Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Stillstand innerhalb von acht bis zehn Minuten am Notfallort sein soll.

Zum Hintergrund: Umfassende Untersuchung des SWR Das Datenteam der Redaktion Datenjournalismus und Reporter des SWR hat durch eine eigene datenjournalistische Analyse der Rettungsdienststatistiken in Südwestdeutschland die genauen Einsatzzeiten von Rettungswagen und Notärzten in der Region analysiert und zusammengestellt. Insgesamt hat das Team Daten zu 3.400 Gemeinden ausgewertet. Bereits im Januar hatte ein Programmschwerpunkt zu den Rettungsdiensten die tiefgreifenden Probleme aufgegriffen und thematisiert. Mit der Fortführung kann erstmals eine Entwicklung auf Gemeindeebene nachvollzogen werden. Die Ergebnisse stehen ab dem 17. Dezember 2018 unter www.swr.de/hilfeimnotfall auf einer interaktiven Internetseite zur Verfügung, auf der für 3.400 Gemeinden die exakten Daten abrufbar sind. Jeder kann durch einen einfachen Klick feststellen: Wie gut bin ich im Notfall versorgt?

Ergebnisse:

Die vollständigen Ergebnisse samt interaktiver Karte finden sich ab Montag, 17. Dezember 2018, 5 Uhr unter folgendem Link: www.swr.de/hilfeimnotfall

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