Über 321.000 Rechnungen nordrheinischer Krankenhäuser prüfte der MDK Nordrhein im Auftrag der Krankenkassen im Jahr 2018. 50,3 Prozent der Rechnungen wurden um durchschnittlich 2.000 Euro pro Fall gekürzt. Das waren insgesamt fast 307 Millionen Euro. Für das Bundesgebiet wird die Kürzungssumme auf über 3 Milliarden Euro geschätzt. Bei einem Prozent der Rechnungen führte die Korrektur zu einem höheren Betrag. In mehr als 90 Prozent der Fälle stimmten die Kliniken den Änderungen zu.
Die Zahl der Abrechnungsprüfungen in Krankenhäusern ist seit Jahren steigend. Überprüfte der MDK Nordrhein 2015 noch rund 140.000 Rechnungen, hat sich die Zahl bis 2018 mehr als verdoppelt und ist auf über 321.000 gestiegen. Das entspricht einer Prüfquote von 17 Prozent der Krankenhausfälle der beauftragenden Krankenkassen. Trotz steigender Prüfaufträge liegt der Anteil der beanstandeten Rechnungen in den vergangenen Jahren konstant über 60 Prozent. Deshalb rechnet der MDK Nordrhein mit einer weiteren Steigerung der Auftragszahlen.
Die Analyse der Prüfungen zeigt, dass sich die Kliniken in der Qualität ihrer Abrechnungen deutlich unterscheiden. In einigen Häusern gibt es nur wenige Korrekturen. In anderen Kliniken prüft der MDK Nordrhein sehr viele Rechnungen und über 70 Prozent davon werden beanstandet.
„Dies führt dazu, dass das Ziel der richtigen und gerechten Vergütung im Krankenhausbereich verfehlt wird“, sagt Andreas Hustadt, Geschäftsführer des MDK Nordrhein. Leidtragende seien auf lange Sicht alle Kliniken, die korrekt abrechnen. Die steigende Zahl der Prüfungen binde in Krankenhäusern, bei Kassen und beim MDK eine Vielzahl personeller und finanzieller Ressourcen, die für die Versorgung von Patientinnen und Patienten an anderer Stelle fehlten. Hustadt appelliert an den Gesetzgeber und an die Verantwortlichen von Krankenhäusern und Kassen, Regelungen zu finden, die den Systemfehler korrigieren.
Auch der Bundesrechnungshof hat sich jüngst für eine Neuausrichtung bei der Prüfung von Klinikrechnungen ausgesprochen. So fordert er unter anderem, den Anreiz für korrektes Abrechnen bei den Krankenhäusern zu stärken. Bislang gehen Krankenhäuser bei zu hohen Rechnungen nur das Risiko ein, dass die Rechnung auf den richtigen Betrag gekürzt wird. Für jeden geprüften Fall, bei dem die Rechnung nicht beanstandet wird, erhält das Krankenhaus hingegen eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro. Auf diesem Weg haben die nordrheinischen Krankenhäuser im Jahr 2018 mehr als 34 Millionen Euro bei den Kassen geltend machen können.
„Oft müssen wir Rechnungen korrigieren, weil Patienten zu lange im Krankenhaus liegen oder weil eine stationäre Versorgung nicht notwendig war“, erklärt Dr. Klaus-Peter Thiele, leitender Arzt des MDK Nordrhein. „Nicht selten kommt es auch zu einer Steigerung des Rechnungsbetrages durch die Wahl einer unzutreffenden, aber teuren Hauptdiagnose.“
Eine weitere Ursache für die vielen beanstandeten Rechnungen sieht der MDK Nordrhein in dem immer komplexer werdenden Fallpauschalensystem. Waren es im Jahr 2003 rund 660 Fallpauschalen, so hat sich die Zahl bis 2019 auf 1.318 fast verdoppelt. Eine vereinfachte Abrechnung würde laut MDK Aufwand und Beanstandungen reduzieren. Um relevante Fragen der Krankenhäuser zu den aktuellen Neuerungen und zur richtigen Kodierung zu klären, wird der MDK die Controllerinnen und Controller der nordrheinischen Kliniken in diesem Jahr erstmals zu gemeinsamen Gesprächen einladen.
Bei den vielen Prüfungen zur angemessenen Verweildauer werden die Gutachterinnen und Gutachter aber auch mit Problemen konfrontiert, die aus Sicht des MDK im Sinne einer guten Patientenversorgung gelöst werden müssen. Dabei geht es vor allem um die Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Betreuung im unmittelbaren Anschluss an den Krankenhausaufenthalt. Dazu sei zum einen das Entlassmanagement der Kliniken gefordert. Zum anderen seien aber auch niedergelassene Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Kommunen und Kassen in der Pflicht, eine leistungsfähige vor- und nachstationäre Versorgung sicherzustellen.
Information zur Abrechnungsprüfung
Der Gesetzgeber verpflichtet die gesetzlichen Krankenkassen, die Abrechnungen von Krankenhäusern zu überprüfen und damit die Medizinischen Dienste zu beauftragen. Der MDK Nordrhein prüft 175 Krankenhäuser. Das sind 9 Prozent aller deutschen Kliniken. Fast 80 Prozent der Rechnungen prüfen Gutachterteams des MDK vor Ort in den Krankenhäusern.