Der Kampf gegen Wucherpreise für lebenswichtige Medikamente geht in die nächste Runde: Ärzte der Welt hat beim Europäischen Patentamt in München eine Beschwerde gegen ein Patent auf eine neue Methode zur Behandlung von Blutkrebs eingereicht.
Junge Leukämie-Patient*innen und ihre Angehörigen setzen große Hoffnung auf die innovativen CAR-T-Zell-Therapien. Doch Pharmakonzerne lassen sich diese Hoffnung teuer bezahlen. Mit zwischen 320.000 und 350.000 Euro schlägt jede Behandlung zu Buche.
Die Unternehmen können solche exorbitanten Preise verlangen, weil Patente Wettbewerb unterbinden und den Patenthaltern eine faktische Monopolstellung verschaffen.
Um dagegen anzugehen, ficht Ärzte der Welt das Patent auf eine Kymriah® genannte Therapie des Pharmariesens Novartis an. Sie wird zur Behandlung von Blutkrebs bei jungen Patient*innen im Alter bis zu 25 Jahren eingesetzt. Dabei werden sogenannte T-Lymphozyten der Patient*innen genetisch so verändert, dass sie Krebszellen erkennen und angreifen können.
„Patente auf CAR-T-Zell-Therapien umfassen modifizierte Zellen von Patienten und es sind diese Zellen, die für über 300.000 Euro verkauft werden“, erklärt Olivier Maguet, Leiter der Medikamentenkampagne von Ärzte der Welt. „Da ist es nur legitim, den Patentschutz der CAR-T-Zell-Therapien zu hinterfragen. Handelt es sich um ein Medikament? Ein medizinisches Verfahren? Diese Fragen haben einen erheblichen Einfluss darauf, wer das Medikament produzieren und seinen Preis bestimmen darf.“
Ärzte der Welt will mit der Patentanfechtung eine öffentliche Diskussion über diese Fragen anstoßen sowie die Bedrohung für Gesundheitssysteme und Gesellschaft, die von überhöhten Medikamentenpreisen ausgeht, ins Bewusstsein von Regierungen und Zivilgesellschaft rücken.
CAR-T-Zell-Therapien werden bisher nur für seltene und sehr spezifische Formen von Krebs eingesetzt. Es laufen jedoch bereits klinische Studien für eine Reihe anderer Anwendungsbereiche, so dass diese Therapieform in Zukunft breiter eingesetzt werden könnte. Bei den aktuellen Preisen werden die Gesundheitssysteme einen universellen Zugang dazu nicht ermöglichen können.
2014 hat der hohe Preis von Sofosbuvir, ein Medikament zur Behandlung von Hepatitis C, das bis zu 50.000 Euro pro Patient*in kostete, Länder dazu gezwungen, den Zugang auf eine bestimmte Anzahl von Patient*innen zu beschränken. Ärzte der Welt hatte auch gegen Patente auf Sofosbuvir vor dem Europäischen Patentamt in München Einspruch erhoben.
„Die exorbitanten Preise für Car-T-Zell-Therapien sind durch die Kosten für Forschung und Entwicklung in keiner Weise gerechtfertigt. Der Profitgier der Pharmaindustrie muss Grenzen gesetzt werden“, fordert François De Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt Deutschland.