Der Frühling hat in Deutschland Fuß gefasst, die Temperaturen steigen, und trotz der noch nicht ganz überstandenen Corona-Pandemie bereiten sich immer mehr Freibäder auf eine baldige Wiedereröffnung vor. Was traumhaft klingt, kann allerdings schnell zu einem Alptraum werden, wenn Badende ihre eigenen Fähigkeiten im Wasser überschätzen. Insbesondere Kinder sind dabei gefährdet, umso mehr jetzt, nach mehr als einem Jahr ohne Schwimm-Unterricht. Diese Gefahr sollten daher vor allem Eltern nicht unterschätzen, zumal selbst bei einer erfolgreichen Rettung schwerste Hirnschäden durch Sauerstoffmangel auftreten können. Daher ruft die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, die sich für die Belange von Menschen mit einer Schädelhirnverletzung einsetzt, zu besonderer Achtsamkeit beim Baden auf und bittet gleichzeitig eindringlich darum, alle zur Verfügung stehenden Angebote der Schwimm-Erziehung in Anspruch zu nehmen.
Besonders riskant ist das Baden in offenen Gewässern wie Baggerseen oder Flüssen. „Zum einen gibt es dort in der Regel kein Aufsichtspersonal, das im Notfall Menschen aus dem Wasser holen kann, zum anderen werden aber auch die Dimensionen einer solchen Wasserfläche schnell falsch eingeschätzt“, erklärt Holger Schwan, der mit seinem Unternehmen PROJEKTSERVICE Schwan schon verschiedene Präventionsmaßnahmen im Schwimmbereich für sozial benachteiligte Familien zusammen mit der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung organisiert hat und selbst ein erfahrener Schwimmer ist. „Vor allem Kindern bis 14 Jahren fehlt oft ein sicheres Gespür für Distanzen und für die Kraft, die man dafür benötigt. Sie sehen ein Ziel, das sie erreichen wollen, und schwimmen dann einfach los. Dabei sind zum Beispiel 400 Meter, die jeder noch irgendwie gelaufen bekommt, im Wasser schon eine ganz schöne Strecke – und selbst wenn Kinder die bewältigen können, müssen sie hinterher ja noch zurück. Wir reden hier immerhin von einer Strecke, die etwa 32 Bahnen in einem Schwimmbad entspricht. Dabei gibt es Kinder, für die schon eine Bahn das Limit ist, die aber auch nicht entsprechend gefördert werden, um im Wasser sicherer zu werden.“ Hinzu kommt, dass Kinder häufig leise ertrinken. Dies hat damit zu tun, dass ihre Köpfe im Vergleich zum Rest des Körpers recht schwer sind und diese daher schnell unter die Oberfläche geraten; Schwimmhilfen können dies kaum verhindern. Dadurch ist ein Rufen nach Hilfe unmöglich. Nicht ohne Grund steht das Ertrinken im Kindesalter auf dem traurigen zweiten Platz der Todesursachen gleich nach den Verkehrsunfällen. Hinzu kommen noch ungezählte Beinahe-Ertrinkungsunfälle.
Umso wichtiger ist es, Kinder frühzeitig ans Schwimmen heranzuführen. Doch genau das ist seit Beginn der Pandemie nicht möglich. „Das Jahr 2020 war für die Schwimmausbildung ein verlorenes Jahr“, beklagte vor kurzem DLRG-Präsident Achim Haag in einer Pressekonferenz. „Mehr als jeder zweite Grundschulabsolvent ist kein sicherer Schwimmer mehr. Die Anstrengungen müssen deutlich intensiviert werden, um marode Bäder zu sanieren und Schulunterricht sicher zu stellen. Sobald die Bäder wieder öffnen können, gilt es, zusätzliche Wasserzeiten für die Ausbildung zu schaffen.“ Dabei helfen können Kooperationen von Schwimmvereinen und Schulen oder auch Initiativen und Wettbewerbe wie „Macht euch fit und schwimmt mit“, den die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung an ihrem Sitz in Bonn mit dem Stadtsportbund, dem Stadtschwimmverband und PROJEKTSERVICE Schwan 2019 ins Leben gerufen und inzwischen aufgrund der Pandemie um ein Jahr verlängert hat. Dabei werden die lokalen Grundschulen dazu aufgerufen, mit ihren Schülern möglichst viele Schwimmabzeichen zu sammeln. Die erfolgreichsten Teilnehmer erhalten Geldpreise. Ein Projekt, das auch von anderen Städten adaptiert werden könnte, sobald der Schulunterricht wieder regulär stattfinden kann. Die ZNS – Hannelore-Kohl-Stiftung hat darüber hinaus einen kleinen Ratgeber für mehr Sicherheit am und im Wasser herausgegeben, den sie kostenlos zur Verfügung stellt. Um mehr Menschen über die Risiken aufzuklären, findet zudem Ende Mai eine Themenwoche „Sicherheit im und am Wasser“ in den Social-Media-Kanälen der Hilfsorganisation statt.