Zwänge sind besonders kreative psychische Krankheiten – und es gibt unzählige Formen. Viele Patienten verspüren Angst und Ekel vor Schmutz, manchen ist es nicht möglich, über Teppiche zu laufen, einen anderen plagt die Vorstellung, dass er eine Katastrophe auslösen könne – weswegen ständig überprüft werden muss, ob etwa der Herd ausgeschaltet ist. Andere haben Angst vor gerade Zahlen oder müssen jeden Bissen genau zwölfmal kauen. Die gute Nachricht: Zwangsstörungen sind gut behandelbar. Doch nur wenige Betroffene suchen professionelle Hilfe. Das Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“ erklärt, warum es wichtig ist, sich seinen Problemen zu stellen.
Expositionsübungen wirken am besten
Nur etwa ein Drittel der Patienten mit Zwangsstörungen sucht je professionelle Hilfe, weiß Professor Dr. Ulrich Vorderholzer, ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck in Prien und Experte für Zwangsstörungen: „Im Schnitt leben Betroffene 7,5 Jahre mit der Krankheit, bevor sie das erste Mal einem Therapeuten gegenübersitzen.“ Ein Fehler: Denn je länger Patientinnen und Patienten versuchen, allein zurechtzukommen, desto mehr verfestigen sich Zwänge.
Internationale Studien haben gezeigt, dass die sogenannte Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsmanagement gut wirksam ist. Konkret bedeutet das: Die Therapie findet nicht nur in herkömmlichen Sitzungen in der Praxis statt, sondern die Patientinnen und Patienten konfrontieren sich im Alltag mithilfe der Therapeutin oder des Therapeuten mit ihren Zwängen – und versuchen, diese auszuhalten.
Zeitintensive Behandlung, die sich lohnt
Zwar verschwinden die Zwangssymptome meist nicht gänzlich, doch eine Untersuchung der israelischen Psychologin Edna B. Foa zeigt: Bei bis zu 70 Prozent der Therapierten nehmen die Zwänge mit dieser Behandlungsmethode ab. Die Methode wird in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Die medizinische Leitlinie empfiehlt dabei den Einsatz einer intensiven Behandlung, etwa in Form von drei mehrstündigen Expositionen innerhalb einer Woche.