„Wie geht noch mal die Herz-Lungen-Wiederbelebung? Mit Herzdruckmassage? Und Mund-zu-Mund-Beatmung?“ – Viele Menschen stellen sich diese Fragen, wenn sie wieder einmal von einem Notfall hören oder selbst eine Notfallsituation erleben. In der „Woche der Wiederbelebung“ vom 19. bis zum 25. September fordern Hilfsorganisationen, Feuerwehren, Krankenhäuser und viele andere Institutionen wieder dazu auf, mit ihnen die lebensrettenden Maßnahmen und Handgriffe zu lernen oder noch einmal zu trainieren. An vielen Orten organisieren sie ab dem kommenden Montag Vorführungen und Kurse, damit Helferinnen und Helfer im Fall des Falles die richtigen Handgriffe ausführen können. Beispiele sind Übungsstunden in einem Möbelhaus in Saarbrücken am 22. September oder ein Informationsstand zur Wiederbelebung am 21. September auf dem Jubiläumsplatz in Mettmann.
Nur knapp über 40 Prozent führen Herzdruckmassage aus
„Wir sind bei der Quote der Laienhelfer weiterhin noch nicht auf jenen Plätzen, auf denen wir sein könnten“, sagt Professor Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des „Deutschen Reanimationsregisters“, das vor 15 Jahren von der „Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ (DGAI) gegründet wurde. Nach wie vor liegt die Quote der Menschen, die in Deutschland bei einem Herzstillstand die Herzdruckmassage oder auch die Mund-zu-Mund-Beatmung anwenden, nur knapp über 40 Prozent. Während der Pandemie konnten kaum Schulungen angeboten werden.
„In den ersten drei, vier Minuten noch beste Ergebnisse“
Rettungsdienste und Notärzte kommen so schnell wie möglich mit Blaulicht, wenn über den „Notruf 112“ ein Herz-Kreislauf-Stillstand gemeldet wird. Dabei vergehen trotzdem immer mehrere Minuten. Diese Zeit müssen Laienhelfer überbrücken, denn das menschliche Gehirn kann nur sehr kurz ohne Sauerstoff überleben. Mit jeder Minute ohne Sauerstoff-Versorgung nimmt die Wahrscheinlichkeit für Behinderung oder Tod zu.
Alle zehn Minuten ein Herzstillstand außerhalb des Krankenhauses
Etwa alle zehn Minuten erleidet in Deutschland ein Mensch zu Hause oder auf der Straße einen Herz-Kreislaufstillstand. In den meisten Fällen ist ein medizinisches Problem die Ursache dafür. Etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten überleben das Ereignis und werden aus dem Krankenhaus entlassen. Aber nur ein Fünftel der Betroffenen behalten keine Schäden zurück und können wieder problemlos am Leben teilnehmen. Mit dem „Deutschen Reanimationsregister“, das mittlerweile weit über 300.000 Datensätze zu Reanimationseinsätzen gesammelt hat, trägt die „Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ zur Weiterentwicklung der Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Laien und Profis bei.
Mund-zu-Mund-Beatmung verbessert die Überlebenschancen
Ob zusätzlich zur Herzdruckmassage auch die Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung ausgeführt werden sollte, wird von Fachleuten nach wie vor diskutiert: „Neue große Studien haben ergeben, dass Menschen bei einem Herz-Kreislaufstillstand mit der Beatmung besser überleben als ohne“, erklärt Reanimationsexperte Gräsner. Das Minimum sei die Herz-Druck-Massage.
Der grundsätzliche Leitsatz zur Herz-Lungen-Wiederbelebung lautet: „Prüfen, rufen, drücken“: Das Bewusstsein prüfen, den Notruf 112 wählen und dann 100-mal pro Minute den Brustkorb etwa fünf Zentimeter zum Boden drücken. Nehme man dann noch die Beatmung hinzu, sei das umso effektiver, erklärt Professor Gräsner weiter: „Dafür ist kein Studium notwendig. Ein normaler Erste-Hilfe-Kurs reicht voll und ganz aus!“ Unsicherheiten entstünden meist durch die Sorge vor Infektion oder der Versorgung von Fremden. Weil aber zwei Drittel der Kreislaufstillstände zu Hause passierten, seien die Helferinnen und Helfer oft mit den Patientinnen und Patienten verwandt, so dass die Überwindung zur Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung dann nicht so groß sein dürfte.
„Es gibt kein Argument gegen Unterricht zur Wiederbelebung“
Neben Aktionen wie der „Woche der Wiederbelebung“ setzen die Experten zur allmählichen Steigerung der Laienhelfer-Quote vor allem auf die Vermittlung der Herzdruckmassage im Schulunterricht: „Es gibt eigentlich kein Argument, warum wir Schülern Wiederbelebung nicht beibringen sollten“, zeigt sich Professor Gräsner verwundert, dass die lebensrettenden Handgriffe längst noch nicht in allen Bundesländern vermittelt werden. Oft sei man in Deutschland nur noch in der Lage, gute Gründe zu finden, weshalb die Wiederbelebungsmaßnahmen im Unterricht nicht Thema sein könnten. Dabei müsse man nur ins Ausland schauen, wo die Maßnahmen in vielen Schulen längst gelehrt würden.
Professor Gräsner ist sich jedoch sicher: „Wir brauchen auch den Laien, um Patienten nach Herz-Kreislauf-Stillstand zu retten“ …