Die Haut brennt wie Feuer und zeigt immer wieder juckende, quälende Quaddeln und Schwellungen: Auf diese Symptome und die dahinterstehende Erkrankung will der Welt-Urtikaria-Tag am 1. Oktober aufmerksam machen. Allein von der besonders schwerwiegenden chronischen Nesselsucht sind in Deutschland mehr als eine halbe Million Menschen betroffen.(3) Auch wenn Nesselsucht generell bei jedem auftreten kann, tritt sie bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern und im Alter von 20 bis 40 Jahren am häufigsten auf.(4) Unter der chronischen Form leiden Betroffene häufig über mehrere Jahre hinweg. Mit zahlreichen Aktionen werden Patient*innen und Angehörige sowie die breite Öffentlichkeit über das Krankheitsbild informiert.

Aufklärung im Fokus: Ein umfangreiches Krankheitsbild

Bei der Urtikaria wird zunächst zwischen einer akuten Urtikaria – diese verschwindet oft nach wenigen Stunden, spätestens jedoch nach sechs Wochen – und einer chronischen Urtikaria – deren Krankheitsdauer länger als sechs Wochen anhält – unterschieden.(2) Eine akute Urtikaria ist meist leicht zu erkennen, gut zu behandeln und klingt meist spontan wieder ab. Hält das Brennen und Jucken jedoch langfristig an, wird der Leidensdruck häufig unterschätzt. Die Symptome kommen und gehen über Jahre hinweg: die chronische Urtikaria. Es wird zwischen den Subtypen der chronischen spontanen Urtikaria (csU) und der chronischen induzierbaren Urtikaria unterschieden.(1) Die chronische induzierbare Urtikaria kann auf eindeutige physikalische Reize wie zum Beispiel reibende Kleidung, bestimmte Substanzen in Lebensmitteln oder Licht zurückgeführt werden.(1) Bei der csU sind die Auslöser oft nicht eindeutig zu identifizieren.(5,6) Das Immunsystem richtet sich sozusagen gegen den eigenen Körper.(4,7) Deshalb bezeichnet man die csU auch als Autoimmunerkrankung.

Die häufigsten Symptome der Nesselsucht sind rötliche Hautausschläge mit stark juckenden Erhebungen und mit brennenden Schwellungen – vergleichbar mit der Reaktion auf Brennnesseln (daher der Name).(1) Die Quaddeln bilden sich meistens nach einigen Stunden wieder zurück, ohne bleibende Spuren zu hinterlassen. Die Mehrzahl der csU-Patient*innen klagt zudem über sogenannte Angioödeme: tieferliegende und größere Schwellungen der Haut oder Schleimhaut, die sehr schmerzhaft sind und sogar Schluckbeschwerden oder Atemnot auslösen können.

Die chronische spontane Urtikaria ist eine nicht ansteckende Erkrankung und keine allergische Reaktion – wofür sie nicht selten zuerst gehalten wird. Bei Nesselsucht setzen Mastzellen (Zellen der Immunabwehr) den Botenstoff Histamin frei, der die Symptome wie Quaddeln und Juckreiz auslöst.(8,9)

Spontan aufflammende Symptome – mehr als Jucken

Die csU verläuft unvorhersehbar, die genauen Auslöser sind unbekannt. Die unvorhersehbaren Krankheitsschübe können sich negativ auf Lebensqualität und Wohlbefinden auswirken. Patient*innen klagen über Auswirkungen wie Schlaflosigkeit, emotionalen Stress, soziale Isolation bis hin zu psychischen Folgen, wie Depressionen oder Angstzustände. Erschwerend kommt für die Betroffenen hinzu, dass die Urtikaria weitestgehend unbekannt zu sein scheint. In einer Umfrage, die auf der Instagram-Seite @hautwende durchgeführt wurde, gaben 92 % der Teilnehmer*innen an, dass andere Menschen nicht über Urtikaria Bescheid wussten, wenn sie sie darauf ansprachen. Der Leidensdruck der Betroffenen wird daher häufig unterschätzt.

Der Weg zur schnellen Diagnose mit einem Ziel: ein beschwerdefreier Alltag

Maßnahmen wie kühlende und feuchtigkeitsspendende Salben sowie kurze, kalte Duschen können dabei helfen, Beschwerden vorübergehend zu lindern und die Therapie unterstützen. Nicht nur Symptomlinderung, sondern die Behandlung des Krankheitsursprungs zur vollständigen Beschwerdefreiheit sollte das Ziel einer medikamentösen Therapie sein. Das beinhaltet auch den Schutz vor dem erneuten Auftreten der Krankheitszeichen und damit eine inaktive Erkrankung. Die möglichst schnelle Diagnosestellung ist eine wichtige Voraussetzung zur optimalen Versorgung und für einen zeitnahen Therapiebeginn.

Die medikamentöse Therapie schließt vor allem die Einnahme von Antihistaminika ein, womit ungefähr die Hälfte der Betroffenen gut zurechtkommt. Für die übrigen csU-Patient*innen kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin weitere Therapieoptionen prüfen.(6) Zudem wird in diesem Feld auch weiterhin geforscht, sodass die Hoffnung besteht, diese schwerwiegende Systemerkrankung zukünftig bestmöglich kontrollieren zu können.

Hilfestellung für Betroffene

Auch wenn der Auslöser nicht identifiziert werden kann, haben Patient*innen mit einer csU eine gute Prognose. Um einen Therapieerfolg zu ermöglichen, ist es wichtig, dass sie bis zur vollständigen Symptomfreiheit behandelt werden. Ärzt*innen messen über verschiedene Instrumente die Krankheitsaktivität, um zu prüfen, ob die Erkrankung gut kontrolliert ist.(6) Der/die Ärzt*in betrachtet und analysiert die individuelle Krankengeschichte, leitet die Behandlung in die Wege und passt diese bei Bedarf an.

Ergänzende Anlaufstation für Betroffene kann die Website www.nesselsuchtinfo.de sein. Hier gibt es neben umfangreichen Informationen auch eine Checkliste für den Arztbesuch, eine Dermatolog*innen-Suche und ein Symptom-Tagebuch. Mit diesen Materialien können sich Patient*innen optimal vorbereiten und damit ggfs. ihre Leidenszeit verkürzen.

 

Referenzen
1. Zuberbier T et al. Deutsche S3-Leitlinie zur Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria. Published online February 1, 2022. https://ots.de/E0bf81
2. Was ist Urtikaria – verschiedene Urtikariaformen. Accessed: 22. June 2023. https://www.daab.de/haut/urtikaria
3. Maurer M et al. Allergy. 2011;66(3):317-330.
4. Wagner N et al. Dermatol Ther (Heidelb). 2021;11(3):1027-1039.
5. Zuberbier T et al. Allergy. 2018;73(7):1393-1414.
6. Lippert U. J Dtsch Dermatol Ges. 2019;17(11):1109-1110.
7. Maurer M et al. ärztliches Journal Dermatologie. 2018;(2):2-4.
8. Navinés-Ferrer A et al. Journal of Immunology Research. 2016:1-12.
9. Viegas L et al. J Investig Allergol Clin Immunol. 2014;24(1):1-5.

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