Fachkräftemangel, Arbeitsverdichtung und sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen – was machen diese Aspekte mit der Berufsgesundheit der Beschäftigten in der ambulanten Pflege? Damit befasst sich die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) im Trendbericht Ambulante Pflege in Deutschland 2024. Der Bericht mit dem Titel „Zwischen Burn-out, Optimierung und Systemwechsel“ ist ab sofort verfügbar.
Daten von Pflegekammern, der BGW und von Krankenversicherungen ergeben im Verbund mit Aussagen von Leitungskräften aus der ambulanten Pflege sowie Aufsichts- und Beratungsfachleuten der BGW ein vielschichtiges Bild. Die vielen Facetten werden mithilfe des sozioökonomischen Modells der Berufsgesundheit ausgewertet, das aus vier Faktoren besteht: Ressourcen, Arbeitsbedingungen, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit sowie Medien-Meinungsklima.
Einkommenszufriedenheit wächst
Im Hinblick auf die Ressourcen hat sich die Lage in zwei von drei Dimensionen verbessert: Aus- und Fortbildung werden nach der Covid-19-Pandemie wieder mehr in Anspruch genommen. Auch die Einkommenszufriedenheit ist nach den zurückliegenden Lohnrunden deutlich gestiegen. Doch die Arbeitszufriedenheit insgesamt ist zwischen 2019 und 2023 trotzdem gesunken. Besonders Zeitdruck und Bürokratie wirken sich dabei negativ aus.
Bei den Arbeitsbedingungen bleibt die Lage angespannt. Der Anteil derjenigen, die Überstunden leisten, ist zwischen 2019 und 2023 von 77 auf 69 Prozent gesunken. Die meisten Fachkräfte haben inzwischen feste Arbeitsverträge, befristete Verträge spielten zuletzt kaum noch eine Rolle. Trotzdem machten sich 2023 mit 28 Prozent wieder mehr Beschäftigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz (2019: 24 Prozent). Aufgrund enger Personaldecken muss knapp ein Drittel der ambulanten Pflegekräfte sehr oft ungeplant einspringen. Im Jahr 2019 war es noch ein Viertel.
Überdurchschnittlich viele Fehltage
Die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zeigt insgesamt eine leichte Verbesserung. Allerdings sind Beschäftigte in der ambulanten Pflege mit durchschnittlich 30 Fehltagen im Jahr 2023 wesentlich häufiger krank als vor der Covid-19-Pandemie (unter 25 Tage). Sie fehlten 2023 rund elf Tage mehr als der Durchschnitt der Erwerbstätigen. Die Zahlen der Arbeits- und Wegeunfälle in der ambulanten Pflege sind zuletzt wieder angestiegen. Bei den Verdachtsmeldungen auf Berufskrankheiten gibt es nach der „Corona-Welle“ 2023 einen deutlichen Rückgang.
Uneinheitliches Medien-Meinungsklima
Das Medien-Meinungsklima zur Altenpflege hat sich in den vergangenen fünf Jahren uneinheitlich entwickelt, eine nachhaltige Verbesserung ist schwer auszumachen. Medien zeichnen oft ein negatives Bild der Arbeitsumstände (Stress, Belastung), berichten aber auch über positive Sinnerfahrungen. Verbessert haben sich seit 2019 die Darstellungen zum Einkommen: Die Altenpflege wird weniger als „Mindestlohn-Job“ charakterisiert.
Bericht zeigt Verbesserungsansätze
Die Aussagen der Experten und Expertinnen im Trendbericht machen deutlich, dass Verbesserungen der Arbeitsgesundheit in diesem Arbeitsfeld möglich sind: Den Einsatz von Digitalisierung konsequent voranzutreiben, könne beispielsweise Zeitreserven für die eigentliche Pflege freisetzen. Bei der Mobilität ließen sich Gefahren etwa durch Fahrtrainings minimieren, besondere Parkregeln könnten den Zeitdruck reduzieren.
Wirksame Mittel für mehr Dienstplanstabilität seien der Aufbau von Springer-Pools und die Pflege einer guten Teamkultur. Für eine nachhaltige Verbesserung der Berufsgesundheit komme es aus Sicht der befragten Fachleute und Leitungskräfte vor allem darauf an, mehr Fachpersonal zu gewinnen. Das allerdings sei im Wesentlichen eine politische beziehungsweise gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Der Trendbericht zur ambulanten Pflege in Deutschland 2024 „Zwischen Burn-out, Optimierung und Systemwechsel“ steht zum kostenlosen Download bereit: www.bgw-online.de/trendbericht-ambulante-pflege