Auf der Internationalen Konferenz über Kontroversen zu Vitamin D (Rom, 1.-4. September 2024) wurden einige vorläufige Expertenergebnisse im Hinblick auf die Ausarbeitung einer Konsenserklärung über die extraskelettale Rolle von Vitamin D zusammengetragen. Die Konsenskonferenz versammelte über dreißig der weltweit führenden Vitamin-D-Experten und wurde von John P. Bilezikian (Columbia University, New York) und Andrea Giustina (Università Vita-Salute und Ospedale San Raffaele, Mailand) geleitet.

Vitamin D: Wie wirkt es sich auf die Muskeln, das Magen-Darm-System und das Immunsystem aus? Besteht ein Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und Diabetes, Fettleibigkeit oder Infektionen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der achten International Conference on Controversies in Vitamin D , die im vergangenen September in Rom stattfand. An der Veranstaltung nahmen über dreißig Fachleute aus Europa, Amerika und Australien teil.

Extraskelettales Vitamin D – Die Meinung der Experten zu diesem Punkt ist einhellig: Vitamin D ist nicht nur für das Skelettsystem von Bedeutung, auf das sich die meisten Leitlinien und Konsenserklärungen der wissenschaftlichen Gemeinschaft konzentrieren. „Vitamin D funktioniert wie ein Hormon: Es wird nur teilweise über die Nahrung aufgenommen und von unserem Körper hauptsächlich durch die körpereigene Synthese von Cholecalciferol als Reaktion auf die Sonneneinstrahlung gebildet. Und es hat eine pleiotrope Wirkung, d.h. es kann an mehreren Fronten wirken“, erklärte Andrea Giustina, Professor für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten an der Università Vita-Salute San Raffaele und Leiter der Abteilung für Endokrinologie am Ospedale San Raffaele, Mailand, sowie Koordinator der Konsenskonferenz gemeinsam mit John P. Bilezikian von der Columbia University, New York. „Die Tagung – so Professor Giustina weiter – stützte sich auf das herausragende Fachwissen der weltweit führenden Experten und regte eine Diskussion über die extraskelettalen Wirkungen von Vitamin D an, d.h. über alle klinisch wichtigen Prozesse, die es außerhalb unserer Knochen fördert.“

Diskutierte Themen – Das Gremium tauschte seine klinischen Erfahrungen aus und befasste sich mit der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur; seine Arbeit war in sieben Sitzungen gegliedert, die jeweils von zwei renommierten Spezialisten moderiert wurden:

Vitamin D und Muskeln, Salvatore Minisola (IT) und René Rizzoli (CH);

Vitamin D und kardiovaskuläre Gesundheit, Jens Bollerslev (NO) und Jyrki Virtanen (FI);

Vitamin D und Diabetes, Maria Luisa Brandi (IT) und Marise Lazaretti Castro (BR);

Vitamin D und Fettleibigkeit, Annamaria Colao (IT) und Claudio Marcocci (IT);

Vitamin D und Magen-Darm-System, Glenville Jones (US) und Giovanni Latella (IT);

Vitamin D und Infektionen, Neil Binkley (US) und Angelo Fassio (IT);

Vitamin D und Immunität, Antonio Bianchi (IT) und Daniel Bikle (US).

Die Diskussionsteilnehmer befassten sich mit den Auswirkungen von Vitamin D auf die Muskeln, wobei der Schwerpunkt auf Sarkopenie und Osteosarkopenie lag. Sie analysierten die kardiovaskulären Zusammenhänge, bei denen Vitamin D eine Rolle spielen kann, wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, kardiochirurgische Eingriffe und ischämische Herzerkrankungen.[1] Außerdem untersuchten sie die Auswirkungen von Vitamin D auf das Fortschreiten von Prädiabetes zu Diabetes,[2] sowie auf die Glukosekontrolle, die Adipositas und allgemein auf das Magen-Darm-System. Das Thema der COVID-19 wurde in den Sitzungen, die sich mit Infektionen und Immunität befassten, ausführlich diskutiert: von Vitamin-D-Mangel als Risikofaktor für eine akute Infektion bis hin zu Studien, die den Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und dem langen COVID-Syndrom[3] einerseits und einer beeinträchtigten langfristigen Antikörperreaktion auf die COVID-19-Impfung[4] andererseits untersuchen.

Schlussfolgerungen der Konsenskonferenz und Ausblick – „Das Gremium erzielte einen wichtigen Konsens über die Rolle des Vitamin-D-Mangels und seiner Ergänzung beim Übergang von Prädiabetes zu offenem Diabetes, zumindest bei Patienten mit Hypovitaminose D“, berichtete Professor Giustina. „Besonderes Augenmerk wurde auch auf die Rolle von Vitamin D für die kardiometabolische Gesundheit gelegt, mit besonderem Hinweis auf die Auswirkungen bei fettleibigen Personen und auf die Notwendigkeit, ihnen höhere Vitamin-D-Dosen zu verabreichen als ihren normalgewichtigen Altersgenossen, um die gewünschten Hormonspiegel zu erreichen. Was die Auswirkungen des Vitamin-D-Mangels auf die Körperzusammensetzung betrifft, so wurde die Rolle der Sarkopenie als Risikofaktor für Stürze (und folglich auch für Knochenbrüche) insbesondere bei älteren Patienten mit Vitamin-D-Mangel hervorgehoben. Die Rolle von Vitamin D bei Autoimmun- und Infektionsprozessen wurde unter besonderer Berücksichtigung von akutem COVID-19, langem COVID und der Immunantwort auf die COVID-Impfung untersucht“, so Professor Giustina weiter. „Schließlich wies das Gremium darauf hin, dass Vitamin D ein sich ständig weiterentwickelnder Bereich ist und dass seine pleiotropen Wirkungen in wichtigen klinischen Bereichen wie der Herzchirurgie und Magen-Darm-Erkrankungen weiter eingehend untersucht werden sollten. Nicht zuletzt wurden die im Knochenzentrum des Ospedale San Raffaele gesammelten Erfahrungen hervorgehoben, um die potenzielle Rolle von Registern als zusätzliches und wirksames Instrument neben randomisierten klinischen Studien zu unterstreichen, um klinische Daten über die langfristigen Auswirkungen einer Vitamin-D-Supplementierung zu sammeln“, schloss Professor Giustina.

  1. https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075230
  2. https://doi.org/10.7326/M22-3018
  3. https://doi.org/10.1210/clinem/dgad207
  4. https://doi.org/10.1007/s12020-023-03481-w

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