Mit der aktuellen Hitzewelle rückt erneut eine Frage in den Fokus vieler Beschäftigter: Was gilt bei Temperaturen jenseits der 30 Grad – insbesondere im Büro? Während man sich im Homeoffice mit lockerer Kleidung oder einem improvisierten Wasserbecken unter dem Schreibtisch behelfen kann, sind die Bedingungen im Büro oftmals weniger flexibel.
„Für sommerliche Temperaturen am Arbeitsplatz gibt es klare Regelungen“, erklärt Nuray Akyildiz, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht beim DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte e. V. Grundlage ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) in Verbindung mit der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5 „Raumtemperatur“. Diese schreibt keine starre Höchsttemperatur vor, verlangt aber eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ (§ 3a ArbStättVO).
Die ASR A3.5 unterscheidet dabei mehrere Schwellen:
- Bis 26 °C: keine besonderen Maßnahmen erforderlich
- 26–30 °C: Arbeitgeber sollten erste Maßnahmen ergreifen (z. B. frühzeitiges Lüften, Ventilatoren, Getränke bereitstellen, Kleiderordnung lockern)
- 30–35 °C: Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden
- Über 35 °C: Räume gelten ohne spezielle technische Schutzmaßnahmen als nicht mehr als Arbeitsräume geeignet
Gerichte und Behörden orientieren sich hieran. Wer die Regeln ignoriert, riskiert Ärger – und Geldstrafen.
„Spätestens bei über 30 Grad Raumtemperatur ist der Arbeitgeber in der Pflicht, aktiv zu werden“, so Akyildiz. Neben organisatorischen Anpassungen wie einer flexibleren Gleitzeitregelung oder dem temporären Arbeiten im Homeoffice, können auch der Abbau von Überstunden oder Schichtverlagerungen in die kühleren Morgenstunden sinnvoll sein. Arbeitszeiten in Absprache flexibel auf kühlere Tageszeiten zu verlegen kann sehr sinnvoll sein. Auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfiehlt eine Anpassung der Arbeits- und Pausenzeit an die Hitze, also die Arbeitszeiten in den kühleren frühen Morgen oder späten Abend zu verlegen.
Im Homeoffice gilt: Bei fester Telearbeit liegt der Hitzeschutz beim Arbeitgeber. Wer nach Vertrag mobil arbeitet, trägt selbst Verantwortung. Akyildiz: „Dann könnte man auch z.B. im kühlen Park arbeiten, aber natürlich müssen die Aufgaben dann immer noch ordnungsgemäß und ohne Ablenkungen erledigt werden können. Die vielfach in Unternehmen vorhandenen Richtlinien zum mobilen Arbeiten sind natürlich auch dann einzuhalten.“
Ein Recht auf „Hitzefrei“, wie man es aus der Schulzeit kennt, besteht jedoch nicht. „Die eigenmächtige Arbeitsniederlegung – selbst bei tropischen Temperaturen – kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben“, warnt Akyildiz. Das gilt auch für das eigenständige Einrichten von Klimageräten oder baulichen Veränderungen: Diese bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Arbeitgebers.
Nur in Ausnahmefällen – etwa wenn keinerlei Schutzmaßnahmen erfolgen und die Gesundheit konkret gefährdet ist – kann ein vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes rechtlich gerechtfertigt sein. Doch auch dann gilt: „Die Beweislast für die Gesundheitsgefährdung liegt grundsätzlich bei den Beschäftigten – und da sollte man keine Risiken eingehen“, betont die Arbeitsrechtlerin.
Natürlich empfiehlt sich der direkte Dialog mit der Führungskraft. Diese ist dann verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. In Zeiten des Klimawandels und immer heißerer Sommer wird der Umgang mit Hitze zu einem wichtigen Thema der Arbeitsgestaltung. Der DFK appelliert an Arbeitgeber, proaktiv für gesundheitsgerechte Bedingungen zu sorgen – nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus fürsorglicher Verantwortung für alle Mitarbeitenden.