„Es gibt eine ganze Reihe von Indikationen, in denen die computergestützte Chirurgie dazu beitragen kann, die Ergebnisse orthopädischer Operationen weiter zu verbessern”, sagte Dr. Stefano Zaffagnini, einer der Pioniere des Einsatzes von Computern im Operationssaal, heute beim EFORT-Kongress in Wien. Bei der Jahrestagung der European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology treffen von 3. bis 6 Juni mehr als 8.000 Experten aus aller Welt in der österreichischen Bundeshauptstadt zusammen. „Computer-aided surgery“ (CAS), so der international gebräuchliche Fachbegriff, sollte nicht nur innerhalb der nächsten zehn Jahre zum routinemäßigen Einsatz minimal-invasiver Methoden bei Knieprothesen-Operationen führen. Auch Osteotomien – Eingriffe, bei denen zu therapeutischen Zwecken Knochen durchtrennt oder ausgeschnitten werden – oder Hüftoperationen gehören zu den vielen Einsatzgebieten, in denen CAS die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern kann, betonten Experten beim Kongress in Wien.

Nutzen für Ärzte: Bessere Aus- und Weiterbildung

Ein anderer wichtiger Aspekt der computergestützten Chirurgie: Die Arbeit der Behandler wird genau dokumentiert, das ermöglicht auch eine bessere Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. “Für die ärztliche Aus- und Weiterbildung ist der Nutzen der Technologie ganz offensichtlich”, sagt Dr. Zaffagnini. Speziell für diese Zwecke entwickelte Geräte simulieren operative Eingriffe – was nicht zuletzt eine Überprüfung der Fähigkeiten eines Chirurgen ermögliche, so der Experte. Dies könnte künftig bei Facharztprüfungen zum Einsatz kommen, um die praktische Befähigung der Kandidaten zu beurteilen.

Hohe Kosten als Hindernis – wichtiger Einsatz in der Forschung

Ein Problem mit CAS haben viele Mediziner quer durch Europa: Die Kosten von 50.000 bis 80.000 US-Dollar für ein Gerät verhindern den Einsatz der wichtigen neuen Technologie auf breiter Basis, kritisieren Experten beim EFORT-Kongress. Es sind vor allem Universitätskrankenhäuser und Lehrspitäler, die von der modernen Technologie profitieren können. Solange die Verfügbarkeit von CAS noch beschränkt ist, sei ihr Einsatz in derartigen Institutionen schon deshalb wichtig, betont Dr. Zaffagnini, weil sie auch in der Forschung eine wichtige Rolle spielen. Vor allem das Potenzial für die Weiterentwicklung minimal-invasiver Operationsmethoden sei beträchtlich. Mit der weiteren Verbreitung dieser Methoden und der leichteren Handhabbarkeit von CAS würden auch die Kosten sinken, vermuten Experten. CAS sei wie eine „erweiterte Realität“, beschreibt  Dr. Zaffagnini die Technologie: „Wir sehen viel mehr von dem, was wir während einer Operation tun. Die Operationsergebnisse, zum Beispiel bei Kniearthroskopien, lassen sich dadurch deutlich verbessern. Insgesamt kann CAS zu einer Optimierung der Behandlungsergebnisse beitragen.“

Ein Beispiel dafür, das Experten beim EFORT-Kongress in Wien diskutieren, sind Knieoperationen. Wird ein künstliches Kniegelenk eingesetzt, so ist die präzise Anpassung von zentraler Bedeutung für das Ergebnis: Schon eine dreiprozentige Abweichung von der optimalen Ausrichtung kann dazu führen, dass die Prothese nicht funktioniert. „Wird die Operation computergestützt durchgeführt, dann übernimmt der Computer die Anpassung, und zwar mit einer Präzision, die zu optimalen Ergebnissen führt“, sagt Dr. Zaffagnini. „Das schlägt sich natürlich in der  Erfolgsrate nieder.“

Bänder und Beweglichkeit: Jedes Knie ist anders

Auch für die Behandlung von Bändern bringt CAS einen Nutzen, weil sich die Ursachen für die Instabilität von zu lockeren Bändern besser feststellen lässt – und die sind individuell sehr unterschiedlich. „Jedes Knie ist anders,” sagt Dr. Zaffagnini. “Wenn wir vor dem Eingriff genau abschätzen können, wie sehr zum Beispiel die Bänder überdehnt sind, hat das wichtige Auswirkungen auf die therapeutischen Entscheidungen. Wir können also besser individuell angepasst vorgehen.“

Wunsch nach Verbesserungen

Obwohl computergestützte Chirurgie ein großes Potenzial habe, wären durchaus einige technologische Verbesserungen hilfreich, diskutierten Experten beim Kongress in Wien. „Das System sollte flexibler und elastischer werden, der Chirurg muss mehr Möglichkeiten haben, einzugreifen“, gibt Dr. Zaffagnini die Richtung vor. Die Programme würden eine Vielzahl von Bildern zur Verfügung stellen – häufig zu viele, und nicht notwendigerweise immer das, was Chirurgen brauchen. Hier seien Vereinfachungen sinnvoll, so der Experte.

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