Alle Ärzte in Deutschland sollten sich mit den streikenden Kolleginnen und Kollegen an den kommunalen Krankenhäusern solidarisch zeigen und deren Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgelte unterstützen, fordern die Delegierten des 113. Deutschen Ärztetags in Dresden. Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen mit der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände ruft der Marburger Bund zum unbefristeten Vollstreik ab kommenden Montag (17.Mai) auf. „Für die Steigerung der Attraktivität der kurativen, ärztlichen Tätigkeit in Krankenhäusern ist insbesondere eine bessere Bezahlung der Arbeit zu ungünstigen Zeiten unverzichtbar“, heißt es in einem Beschluss des Ärzteparlaments. Um jedoch den Patienten unnötige Wartezeiten zu ersparen, werden die niedergelassenen Ärzte gebeten, während des Streiks keine Patienten an die kommunalen Kliniken zu überweisen.

Geplante Änderung der EU-Arbeitszeitrichtlinie verhindern

Der 113. Deutsche Ärztetag hat die Bundesregierung aufgefordert, sich erneuten Änderungsversuchen der EU-Arbeitszeitrichtlinie zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu widersetzen. „Der zum wiederholten Male von der EU-Kommission vorgetragene Änderungsbedarf, insbesondere die Aufteilung des Bereitschaftsdienstes in einen aktiven und einen inaktiven Teil, dient ausschließlich ökonomischen Interessen der Krankenhausarbeitgeber und widerspricht dem Zweck der Arbeitszeitrichtlinie“, betonten die Delegierten. Im Interesse der Ärzte und der Patienten dürfe der Zweck der EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht relativiert werden.

Krankenhäuser familienfreundlich gestalten

Die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich als ein wesentlicher Grund für den in Deutschland bestehenden Ärztemangel erwiesen. Nur zögerlich und vereinzelt wird seitens der Krankenhäuser hierauf reagiert. Deshalb hat der 113. Deutsche Ärztetag mit großer Mehrheit die Krankenhäuser aufgefordert, familienfreundliche Arbeitsplätze zeitnah zu schaffen. So könnten zur Förderung der Vereinbarkeit des ärztlichen Berufsbildes mit der Familie unter anderem flexible Arbeitszeiten, eine gesicherte Kinderbetreuung, eine unbürokratische und zeitnahe Umsetzung flexibler Elternzeitregelungen sowie steuerbegünstigte finanzielle Beihilfen zur Geburt beitragen.

Bedarfsplanung durch Versorgungsforschung verbessern

Der 113. Deutsche Ärztetag hat das Bundesforschungsministerium aufgefordert, im Rahmen der Versorgungsforschung Vorhaben zur Verbesserung der Bedarfsplanung im ambulanten und stationären Sektor zu fördern. „Nur mit einer am tatsächlichen Bedarf orientierten Ausgestaltung der Leistungsebene kann das Gesundheitswesen zukunftsfest gemacht und können die begrenzten Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden“, erklärten die Delegierten. Die Bedarfsplanung von Ärzten zur Versorgung der Bevölkerung basiere auf Zahlen aus den 70er Jahren. Nur wenige Forschungsprojekte, so auch im Rahmen der Versorgungsforschung der Bundesärztekammer, zeigten einige Wege auf. „Eine echte Berechnung des Bedarfs an ärztlichen Leistungen für alle Fachdisziplinen und für das gesamte Bundesgebiet hat bis heute aber nicht stattgefunden“, monierte der Ärztetag.

Ärztlichen Nachwuchs für die Allgemeinmedizin begeistern

Das Interesse von Medizinstudierenden, nach dem Abschluss als Hausarzt zu arbeiten, muss bereits während des Studiums geweckt werden. Das forderten die Delegierten des 113. Deutschen Ärztetags. Angesichts der Tatsache, dass in den kommenden Jahren viele Hausärzte altersbedingt nicht mehr praktizieren werden und sich damit der Ärztemangel verschärfen könnte, sei es dringend geboten, den ärztlichen Nachwuchs schon früh für die Allgemeinmedizin zu begeistern.

Deshalb würden vor allem die medizinischen Fakultäten in der Pflicht stehen, durch die Einrichtung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an allen medizinischen Hochschulen die Entscheidung von Studierenden positiv zu beeinflussen, sich im Fachgebiet Allgemeinmedizin weiterzubilden. Die Approbationsordnung eröffne verschiedene Möglichkeiten, erste Einblicke in die klinisch-praktische Tätigkeit eines Hausarztes zu vermitteln, Blockpraktika, Famulatur und Wahlterial im Praktischen Jahr stärker zu bewerben und diese auszubauen. „Das Kennenlernen der besonderen Versorgungssituation einer hausärztlichen Praxis und ambulanter Betreuungsstrategien dient nicht nur dazu, Studierende in ihrer späteren Berufswahl positiv für die Allgemeinmedizin einzustimmen, sondern fördert auch das Verständnis und somit die Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Versorgungsebenen“, heißt es in dem Ärztetagsbeschluss. Die medizinischen Fakultäten werden außerdem aufgefordert, den akkreditierten Lehrpraxen eine angemessene Aufwandsentschädigung zu zahlen.

Europaweite Veröffentlichungspflicht für klinische Studien einführen

Die Delegierten des 113. Deutschen Ärztetags haben die Einführung einer europaweiten Registrierungspflicht für sämtliche klinische Studien gefordert. Zudem müssten die Angaben des bestehenden EU-Registers EudraCT uneingeschränkt und allgemein sowie die Ergebnisse aller klinischen Studien, incl. Studien zu medizinischen Produkten und Verfahren, transparent und öffentlich zugänglich gemacht werden. Schließlich müssten die Vertragsbedingungen zwischen den beauftragenden Unternehmen und den klinischen Prüfärzten offengelegt werden.

Bürokratieabbau im Arzneimittelgesetz

Der Deutsche Ärztetag kritisiert, dass das Herstellen eines Arzneimittels durch einen Arzt und die unmittelbare Anwendung am Patienten durch die 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) anzeigepflichtig geworden ist. Der Begriff der Herstellung ist im AMG zu weit gefasst und führt damit bei Ärzten, in Krankenhäusern und Überwachungsbehörden zu einer eklatanten Zunahme des Bürokratieaufwandes. So gilt zum Beispiel schon das Mischen zweier Fertigarzneimittel in einer Spritze oder das Zugeben eines Fertigarzneimittels in eine Infusionslösung bereits als Herstellung im Sinne der Meldepflicht.

Hygiene als Studienfach erhalten

Das Fach Hygiene muss von den zuständigen Landesministerien als eigenständiges Institut an den medizinischen Fakultäten erhalten bleiben, fordert der 113. Deutsche Ärztetag in Dresden. In der Medizin vollziehe sich gegenwärtig ein Paradigmenwechsel hin zu mehr Prophylaxe von Krankheiten. Zwar sei ein Präventionsgesetz schon seit Jahren fällig, doch fehlten dafür die wissenschaftlichen Grundvoraussetzungen. Lehrstühle für Hygiene würden immer seltener nachbesetzt. „Damit geht die Wissenschaftlichkeit des Faches Hygiene verloren“, kritisiert das Ärzteparlament. Die Vermittlung fachlicher Inhalte in der studentischen Lehre könne so nicht mehr realisiert werden.

Rahmenbedingungen für Diamorphinsubstitution anpassen

Um den dringend notwendigen Aufbau von Diamorphinambulanzen zu sichern, fordert der Deutsche Ärztetag die Bundesärztekammer auf, sich beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) für eine Änderung der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung einzusetzen. Es bedürfe angemessener personeller und finanzieller Rahmenbedingungen, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, erklärten die Delegierten. Insbesondere die Anforderungen an Einrichtungen zur Substitution mit Diamorphin sollen geändert werden, da den behandelnden Ärzten mit dem Beschluss des GBA vom 18.03.2010 unnötig Steine in den Weg gelegt werden. So müssen in einer Ambulanz derzeit grundsätzlich drei Vollzeitstellen besetzt sein und Behandlungszeiten von mindestens zwölf Stunden am Tag sowie am Wochenende und an Feiertagen möglich sein.

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