Auf Grund unzureichender Diagnosen, Missachtung von Behandlungsrichtlinien und mangelnder qualitativer Informationen für Patienten mit Vorhofflimmern könnte das Leben tausender Menschen mit dieser schwächenden Herzerkrankung bedroht sein, so ein heute von der Partnerschaft AF AWARE veröffentlichter Bericht.[1] In diesem Bericht heisst es, dass unzureichende Diagnosen und Behandlungen bei Vorhofflimmern die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts, Schlaganfalls und anderer kardiovaskulärer Komplikationen erhöhen und ausserdem unnötige Kosten für den Betroffenen und die Gesundheitssysteme Europas verursachen könnten. Diese Ergebnisse fallen zeitgleich mit der Konferenz EuropeAF in London zusammen, bei der Experten Erfahrungen zum Thema effektive Behandlung bei Vorhofflimmern austauschen. Aus den Ergebnissen ergibt sich die dringende Forderung von AF AWARE nach europaweiten Verbesserungen.

Sechs Millionen Menschen in ganz Europa leiden unter Vorhofflimmern[1], was es zur häufigsten Form von Herzrhythmusstörung (abnormalem Herzrhythmus) macht. Zu den häufigen Symptomen gehören Palpitationen (Herzklopfen), Kurzatmigkeit und Schwindel, wenngleich manche Patienten völlig symptomfrei bleiben. Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko um das Vier- bis Fünffache.[2]

„Vorhofflimmern ist eine ernste, fortschreitende und chronische Erkrankung, die verheerende Folgen für Patienten und das Gesundheitssystem haben kann“, so Professor Günter Breithardt, Sprecher der World Heart Federation. „Dieser Bericht zeigt verpasste Möglichkeiten auf, Vorhofflimmern effektiver zu behandeln, Kosten für die europäischen Gesundheitssysteme zu sparen, und vor allem, Patientenleben zu retten.“

Im Bericht wird aufgedeckt, dass die Behandlungsrichtlinien nicht konsequent eingehalten werden, dass die Patienten nur auf unzureichende Ressourcen zurückgreifen können und dass Schätzungen auf Landesebene zur Inzidenz und Prävalenz von Vorhofflimmern fehlen. Vorhofflimmern könnte deshalb möglicherweise stark unterdiagnostiziert sein, was einer effizienten Planung der nationalen Gesundheitssysteme im Weg steht.

Eine Schätzung aus Frankreich geht von durchschnittlichen jährlichen Gesundheitskosten von 3220 Euro pro Betroffenem aus. Demnach könnte laut diesem Bericht Vorhofflimmern die Europäische Union 10 Milliarden Euro im Jahr kosten. Die Kosten könnten aber durch die Nutzung bestimmter Screenings in der Primärversorgung stark gesenkt werden. Eine britische Studie hat gezeigt, dass situative Vorsorgeuntersuchungen beim Hausarzt etwa 200 Pfund pro Patient kosten, wahrscheinlich aber zu Kosteneinsparungen führen würden und die teurere sekundäre Versorgung dadurch vermieden werden könnte.

Der Bericht zeigt ausserdem beträchtliche Kosten auf, die mit Arbeitsausfall durch krankheitsbedingte Fehltage, Produktivitätseinbussen bei der Arbeit und Frührente zusammenhängen. In Italien und Deutschland wurden diese indirekten Kosten auf jährlich über 3000 Euro pro Patient mit Vorhofflimmern geschätzt. In den Niederlanden, Griechenland und Frankreich belaufen sich diese Kosten auf Hunderte von Euro pro Patient. Das Ergebnis ist ein verstärkter Druck auf die Betroffenen, ihre Angehörigen und Arbeitgeber sowie auf das Gesundheits- und Sozialsystem.

Als Reaktion auf den Bericht fordert die Partnerschaft AF AWARE, die von der World Heart Federation und der Stroke Alliance for Europe geleitet wird, sofortiges Handeln in vier Bereichen:

1. Grossflächigere Verfügbarkeit und Nutzung von Erkrankungsregistern, um zu einer genaueren Einschätzung der Prävalenz von Vorhofflimmern zu gelangen und die Realbelastung durch die Krankheit zu bestimmen.

2. Mehr Aufklärung zur Interpretation und Anwendung von Behandlungsrichtlinien nach national spezifischen Erfordernissen.

3. Eine Bewertung des klinischen Schulungsbedarfs, der Lücken in der Patienteninformation und der Behandlungspräferenzen.

4. Aussagekräftiges Patienteninformationsmaterial, damit der Patient mit angemessener Unterstützung durch seinen Arzt ein echter Partner bei der Fällung von Behandlungsentscheidungen sein kann.

„Vorhofflimmern ist ein wachsendes Problem für das Gesundheitswesen, und seine Prävalenz könnte sich bis 2050 verdoppeln“, so Dr. Markus Wagner, Präsident der Stroke Alliance for Europe. „Die Partnerschaft AF AWARE fordert, dringend Schritte zu unternehmen, um die Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Europa zu verbessern und die physischen, psychologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krankheit zu reduzieren.“

Die Aktivitäten der Gruppe AF AWARE werden durch einen Bildungszuschuss von sanofi-aventis unterstützt.

[1] Barham, L. Atrial Fibrillation in Europe: How AWARE are you?, November 2010

[2] PA Wolf, RD Abbott and WB Kannel. Atrial fibrillation as an independent risk factor for stroke: the Framingham Study. Stroke 1991;22;983-988. URL: http://stroke.ahajournals.org/cgi/reprint/22/8/983 – Letzter Zugriff: 27.10.2010

[3] The Task Force for the Management of Atrial Fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC), Guidelines for the management of atrial fibrillation, European Heart Journal (2010) 31, 2369-2429. URL: http://www.escardio.org/guidelines-surveys/esc-guidel ines/GuidelinesDocuments /guidelines-afib-FT.pdf – Letzter Zugriff: 27.10.2010

[4] Benjamin E.J. et al., Impact of Atrial Fibrillation on the Risk of Death: The Framingham Heart Study. Circulation 1998;98:946-952

[5] Benjamin E.J. et al., Prevention of atrial fibrillation: report from a national heart, lung, and blood institute workshop. Circulation 2009;119(4): 606-618

[6] Wachtell, K. et al., Angiotensin II receptor blockade reduces new-onset atrial fibrillation and subsequent stroke compared to atenolol, Journal of the American College of Cardiology 2005;45(5):712-719

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