Ultrafeine Partikel in der Umgebungsluft verändern schon nach wenigen Minuten die Herzvariabilität und führen so zu einem erhöhten Risiko insbesondere für Menschen mit gesundheitlicher Vorbelastung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München, die im März dieses Jahres veröffentlicht wurde. Erhöhte Konzentrationen ultrafeiner Partikel kommen vor allem im dichten Straßenverkehr vor und damit in den stark besiedelten Innenstadtbereichen. Die Herzratenvariabilität beschreibt die Anpassungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems an aktuelle Erfordernisse und wird durch das autonome Nervensystem gesteuert.
„Wir haben die speziellen Auswirkungen von ultrafeinen Partikeln auf das Herz untersucht. Dazu statteten wir 64 Studienteilnehmer mit Messgeräten aus, die während der alltäglichen Aktivität sowohl die Partikelanzahlkonzentrationen als auch die Herzaktivität aufzeichneten. Zusätzlich wurden Daten von Feinstaub-Messstationen im städtischen Hintergrund herangezogen. Die ausgewählten Probanden litten alle unter erhöhten Blutzuckerwerten bzw. Typ-2-Diabetes“, erläutert die Direktorin des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München und Leiterin des Forschungsbereiches Epidemiologie des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), Prof. Annette Peters. Die Studie bestätigt bereits bekannte Effekte, wonach auch feine Partikel nach kurzer Zeit eine eingeschränkte Herzfunktion auslösen können. Darüber hinaus zeigt sie, dass die gegenwärtig gültigen Grenzwerte kein hinreichendes Gegenmittel sind, um die Auswirkungen der feinen und ultrafeinen Partikel zu mindern. „Unsere Studie belegt den dringenden Handlungsbedarf“, so Peters weiter.
Während bei modernen Dieselfahrzeugen mit geschlossenem Partikelfilter ab Werk der Ausstoß gesundheitsgefährdender Partikel in der Regel so gut wie vollständig vermieden wird, ist das Problem bei Benzinfahrzeugen mit Direkteinspritzung nach wie vor ungelöst. Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordern daher die umfassende Ausstattung dieser Fahrzeuge mit wirksamer Minderungstechnik.
Die Verbände verweisen auf aktuelle Messungen, die von Axel Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter des Umweltbundesamtes, an insgesamt sieben Fahrzeugen durchgeführt wurden. Die Messungen erfassen den Ausstoß ultrafeiner Partikel im realen Fahrbetrieb. Im Ergebnis stießen alle Fahrzeuge deutlich mehr ultrafeine Partikel aus, als dies bei modernen Dieselfahrzeugen der Fall ist. „Wir haben bereits vor Jahren auf die gesundheitlichen Gefahren durch ultrafeine Partikel hingewiesen. Die neue Studie untermauert unsere Einschätzung. Die Autoindustrie verdrängt wieder einmal das Problem; die Politik unternimmt nichts, um wirksam Abhilfe zu schaffen. Das Spiel auf Zeit mit der Gesundheit der Menschen ist unwürdig“, so Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD.
DUH und VCD drängen nicht nur auf eine rasche Anpassung der Fahrzeuge an den Stand der Technik. Ergänzend bedarf es Kontrollen des Partikelausstoßes im Betrieb. „Es ist unbedingt notwendig, dass eine Minderung des Partikelausstoßes nicht nur im Labor im Rahmen der Zulassung erfolgt, sondern auch auf der Straße. Zusätzliche Prüfverfahren bei der Zulassung, aber auch in der regelmäßigen Abgasuntersuchung müssen auch für Direkteinspritzer verbindlich werden“, betont Dorothee Saar, Leiterin des Bereiches Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH.
Bereits in der Vergangenheit hatten DUH und VCD auf die hohen Partikelemissionen bei Fahrzeugen mit Benzin-Direkteinspritzung verwiesen und dazu Messungen vorgestellt, die die Wirksamkeit eines Partikelfilters belegen. Nach Einbau eines Filters konnten die Emissionen im Vergleich zu Messungen ohne Minderungstechnologie nahezu vollständig verringert werden. „Die Technik ist verfügbar und kosteneffizient. Die Kosten liegen pro Fahrzeug zwischen 20 und 50 Euro“, so Axel Friedrich. „Die Automobilhersteller wollen diese geringen Kosten zu Lasten der Gesundheit der Menschen sparen.“ Aktuell sind Dieselfahrzeuge mit funktionsfähigem Partikelfilter deutlich sauberer als Benzin-Direkteinspritzer.
Die Studie des Instituts für Epidemiologie sowie ein Hintergrundpapier mit Links zu vorherigen Messergebnissen der Umwelt- und Verkehrsverbände finden Sie unter: http://www.particleandfibretoxicology.com/content/12/1/7