Irren ist menschlich. Alzheimer auch. Zum Welt-Alzheimer-Tag am 21. September beantwortet die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) drei zentrale Fragen zur Alzheimer-Forschung.
1. Warum ist die Entwicklung eines wirksamen Medikaments gegen Alzheimer so schwierig?
Die Alzheimer-Krankheit ist eine äußerst komplexe Erkrankung, für die Eiweißablagerungen aus Beta-Amyloid und Tau charakteristisch sind. Die genauen Krankheitsmechanismen, die schließlich zum Absterben von Nervenzellen führen, sind noch nicht vollständig aufgeklärt, was die Entwicklung eines Medikaments zusätzlich erschwert.
Sicher ist aber, dass die ersten Veränderungen bis zu 20 Jahre vor dem Ausbruch der bekannten Symptome auftreten. Neue Wirkstoffe wurden in der Vergangenheit aber zumeist Probanden verabreicht, die bereits Alzheimer-Symptome hatten. Hier könnten die Veränderungen im Gehirn bereits so weit fortgeschritten sein, dass eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs nicht mehr möglich war. Daher liegt die Hoffnung der Forscher nun darauf, den Krankheitsverlauf bei Patienten im Frühstadium zu bremsen.
Bisher ist die Pharmakotherapie primär auf die Linderung der Alzheimer-Symptome und die Behandlung möglicher Begleiterkrankungen ausgerichtet. Die Basistherapie der Alzheimer-Demenz sieht derzeit drei Arten von Wirkstoffen vor: Antidementiva, Neuroleptika und Antidepressiva. In der Grundlagenforschung wird versucht, weitere Wirkstoffe zu entwickeln. Zum Beispiel zeigte sich in epidemiologischen Studien, dass Kaffee- und Tee-Trinker in höherem Alter bessere Gedächtnisleistungen und ein verringertes Alzheimer-Risiko haben. Prof. Dr. Christa E. Müller von der Universität Bonn entwickelte daraufhin einen koffeinähnlichen Wirkstoff (MSX-3), der vielfach leistungsstärker als herkömmliches Koffein ist und dabei weniger Nebenwirkungen hat. Dieser Wirkstoff, ein sogenannter A2A-Adenosinrezeptor-Antagonist, überzeugte in einem Mausmodell mit genetisch veränderten Tieren. Weitere Untersuchungen sind allerdings notwendig, bevor der Wirkstoff an Menschen getestet werden kann. Die Alzheimer Forschung Initiative unterstützt dieses Forschungsprojekt mit 30.000 Euro.
2. Wie kann die Diagnose der Alzheimer-Krankheit verbessert werden?
Die Diagnose der Alzheimer-Krankheit ist besonders im Frühstadium komplex. Sie erfolgt in erster Linie klinisch, also durch die Untersuchung eines Arztes. Untermauert wird sie durch neuropsychologische Testverfahren. Zusatzuntersuchungen mittels bildgebender Verfahren oder Liquordiagnostik gewinnen zunehmend an Bedeutung. Forscher versuchen weitere Diagnose-Verfahren zu entwickeln, die sicherer, kostensparender und trotzdem leicht verfügbar sind. Vor allem wird nach Biomarkern gesucht, die die Alzheimer-Krankheit früh anzeigen. Biomarker sind messbare, natürliche Verbindungen im Körper, die auf eine Krankheit oder das Fortschreiten einer Erkrankung hinweisen. Ein Biomarker muss sich eindeutig und frühzeitig bestimmen lassen.
Privatdozent Dr. Max Holzer vom Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung der Universität Leipzig arbeitet beispielsweise an einem Bluttest, der auf der Stimulierbarkeit von Lymphozyten beruht. Diese gehören zu den weißen Blutkörperchen. Bei Menschen mit Alzheimer in fortgeschrittenem Stadium erreichte der Test bereits eine sehr hohe diagnostische Aussagekraft. Ob das Verfahren auch bei Alzheimer-Patienten im Frühstadium eine vergleichbar hohe diagnostische Sicherheit erzielt, testen die Forscher an 100 Probanden. Die Alzheimer Forschung Initiative unterstützt das Forschungsprojekt von Dr. Max Holzer mit 79.770 Euro.
3. Was kann Präventionsforschung leisten?
Durch Prävention kann das Alzheimer-Risiko gemindert werden. Vor allem einer gesunden – mediterran ausgerichteten – Ernährung, reichlich Bewegung, geistiger Aktivität und einem regen sozialen Leben werden positive Eigenschaften zugesprochen. Wie groß der Effekt von sogenannten Lebensstilfaktoren ist, untersucht beispielsweise die FINGER-Studie (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability), bei der die Probanden u.a. eine Ernährungsberatung erhalten und regelmäßig unter Anleitung Sport treiben.
In der Grundlagenforschung werden Präventionsstrategien erarbeitet und überprüft. Privatdozent Dr. Gunter Eckert von der Goethe-Universität Frankfurt setzt für seine Forschung genetisch veränderte Mäuse ein, die bereits nach wenigen Monaten alzheimerähnliche Symptome bekommen. Die Nager erhalten zum einen ein polyphenolreiches Futter, das aus Oliven und Trauben gewonnen wird. Zum anderen bewohnen sie Käfige, in denen durch Laufräder und eine abwechslungsreiche Umgebung etwa mit Röhren, Häuschen und Lego-Steinen mehr körperliche und geistige Beschäftigung ermöglicht wird. Sollten diese Maßnahmen den Beginn der Alzheimer-Symptome bei den Mäusen nach hinten verschieben, würde das als Hinweis auf die Wirksamkeit dieses Ansatzes gelten. Die Alzheimer Forschung Initiative fördert dieses Forschungsvorhaben mit 74.950 Euro.
Dank zahlreicher privater Spender konnte die AFI bisher insgesamt 164 Forschungsaktivitäten mit über 7 Millionen Euro unterstützen. Die AFI fördert ausschließlich Projekte an deutschen Universitäten und öffentlichen Einrichtungen. Verbindungen zur Pharmaindustrie bestehen nicht.