Auf die Kehrseite der bunten Lebensmittelvielfalt macht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche aufmerksam. „Die Freude über die Vielfalt unseres Speiseplans darf über die Kehrseiten der globalen Lebensmittelproduktion nicht hinwegtäuschen“, so Vorstand Gerd Billen. Der ökologische Ballast unserer Mahlzeiten sei groß, ebenso die Gefahr eines Dumpingwettbewerbs auf Kosten von Sozial- und Umweltstandards. Von der Lebensmittelwirtschaft erwartet der vzbv mehr Transparenz und Ehrlichkeit bei der Produktion, Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Globalisierung findet in zunehmendem Maße auf den Tellern der Verbraucher statt. Ebenso wie die übergewichtige deutsche Bevölkerung ist Deutschland auch im weltweiten Agrar- und Ernährungsmarkt als drittgrößter Exporteur und zweitgrößter Importeur von Agrarprodukten ein Schwergewicht. Im Jahr 2008 wurde mit über 52 Milliarden Euro ein neuer Ausfuhrrekord erreicht. Dem stehen Agrareinfuhren im Wert von über 58,6 Milliarden Euro gegenüber. „Damit kommt auf Deutschland eine große Verantwortung zu – national, europäisch und international“, so Billen.

Klimabilanz liegt schwer im Magen
Vor allem der globale Klimawandel stellt die Land- und Ernährungswirtschaft vor neue Herausforderungen. An die Verbraucher appelliert Billen: „Wer sich und der Umwelt Gutes tun will, kann seinen Fleischkonsum reduzieren und die Lebensmittelproduzenten zu mehr Engagement drängen.“ 86 Prozent der deutschen Verbraucher kritisieren, dass vergleichbare Herstellerinformationen zu den Klimawirkungen von Lebensmitteln fehlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung im Auftrag des vzbv. Verbindliche Reduktionsziele für die Agrar- und Ernährungswirtschaft hatte der vzbv bereits zur Grünen Woche 2008 gefordert. Die Politik müsse die Lebensmittelindustrie zur Erstellung von Klimabilanzen verpflichten. „Zudem muss Flugbenzin besteuert werden. Die Flugananas darf kein Schnäppchen sein“, fordert Billen.

Zoonosen – eine unterschätzte Gefahr
Mit der Globalisierung im Lebensmittelhandel steigt auch das Zoonosen-Risiko. In Deutschland werden jährlich über 40.000 Salmonellen-Erkrankungen gemeldet, Campylobacter ist eine der häufigsten Ursachen für bakterielle Magen-Darm-Erkrankungen. Der vzbv fordert eine Neujustierung der Risikowahrnehmung sowie eine umfassende Reduktionsstrategie für relevante Zoonosen. Unterstützung erhält der vzbv vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „Verbraucherinnen und Verbraucher fürchten sich vor Pestizidrückständen in Lebensmitteln“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Risiken durch mangelnde Lebensmittelhygiene werden hingegen unterschätzt.“

Nicht mit dem Vertrauen der Verbraucher spielen
Die Bundesregierung und die Lebensmittelbranche rief der vzbv auf, nicht mit dem Vertrauen der Verbraucher zu spielen. „Nur Ehrlichkeit und Transparenz schaffen das notwendige Vertrauen der Verbraucher in den Lebensmittelmarkt“, sagt Billen. Verbrauchertäuschungen, Mogelpackungen oder die Blockade verbraucherfreundlicher Maßnahmen und Instrumente sorgten für Misstrauen. Um dem entgegenzuwirken, fordert der vzbv:

* die bessere Verzahnung von staatlicher und privater Lebensmittelkontrolle
* die Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten
* das Verbot von Bildern auf Verpackungen, die Zutaten zeigen, die nicht im Produkt enthalten sind
* die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitten
* die Einfärbung von Fleischabfällen
* die Nährwertampel für zusammengesetzte Lebensmittel
* die Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes, damit Überwachungsbehörden wiederholt auffällig gewordene Firmen und Produkte beim Namen nennen und öffentlich machen.

Billen rief den Verantwortlichen für den Lebensmittelmarkt in Erinnerung: „Die Vertrauenskrise im Finanzmarkt sollte der Lebensmittelbranche ein mahnendes Beispiel sein.“

Weitere Informationen im Dokumentendownload

Fünf-Punkte-Programm zur Lebensmittel- und Ernährungspolitik

Umfrage zu Ernährung und Klimaschutz zur IGW

Lebensmittelsicherheit und Prozessqualität in Europa – Dossier 2010

Programm Verbraucherpolitisches Forum IGW 2010

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