Die Gesundheitssysteme der Industrieländer stehen vor einer grundlegenden Neuausrichtung der medizinischen Versorgung. Zukünftig werden die individuellen Bedürfnisse der Patienten im Mittelpunkt stehen. Ein Treiber dieser Entwicklung ist die Zunahme chronischer Erkrankungen, welche die Kostenexplosion im Gesundheitswesen weiter beschleunigt. Dies zwingt die Mediziner, sich stärker als bisher mit den individuellen Auslösern chronischer Erkrankungen zu beschäftigen. Die Folge für Patienten: mehr Einflussmöglichkeiten, aber auch mehr Eigenverantwortung bei Gesundheitsvorsorge und Therapie wie die Studie „HealthCast – Die Individualisierung des Gesundheitswesens“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zeigt.

84 Prozent der befragten Gesundheitsexperten geben an, dass Patienten mit chronischen Erkrankungen für ihre Versorgung selbst verantwortlich sein sollten, knapp 60 Prozent befürworten sogar ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit. „Auf der anderen Seite müssen Ärzte und Krankenhäuser sich darauf einstellen, dass ihre Vergütung künftig stärker von einem Behandlungserfolg als von der Zahl der Behandlungsfälle abhängen wird“, ergänzt Harald Schmidt, Leiter des Bereichs Healthcare bei PwC.

80 Prozent der für die Studie befragten Gesundheitsexperten vertreten die Auffassung, dass Ärzte und Therapeuten bei nachweislichen Behandlungserfolgen Rückvergütungen erhalten sollten. Drei von vier Befragten befürworten zudem finanzielle Anreize für die Befolgung von Best-Practice-Richtlinien durch Ärzte. Gleichzeitig sprechen sich auch 80 Prozent dafür aus, dass es für Patienten vergleichbare Instrumente, beispielsweise Bonusmodelle für die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, geben sollte.

Schnelles Internet eröffnet Sparpotenziale

Die hohe Verbreitung schneller Internetverbindungen in Privathaushalten macht es möglich, dass medizinische Dienstleistungen häufiger beim Patienten erbracht werden können. Statt Patienten zur Überwachung ins Krankenhaus einzuweisen, können diese auch zu Hause bleiben, während ihr Gesundheitszustand per elektronischer Ferndiagnose kontinuierlich überwacht wird. In Frankreich konnten durch die Vernetzung von Patient und Klinik in den vergangenen Jahren bereits 2,7 Millionen Belegtage im Krankenhaus eingespart werden.

Damit sich diese Einsparpotenziale realisieren lassen, sind jedoch vielerorts noch erhebliche Investitionen in Software und IT-Infrastruktur notwendig. Fast 80 Prozent der befragten Gesundheitsexperten halten den elektronischen Informationsaustausch im aktuellen System für schwierig, jeder fünfte findet den Transfer sogar sehr schwierig. Dabei geht es nicht nur um rein technische Aspekte. Steigende Datenschutzanforderungen für sensible Patientendaten sind nach Einschätzung von 90 Prozent der Führungskräfte eine wachsende Hürde für die Digitalisierung und elektronische Verarbeitung von Patientenakten.

Für die Studie befragte PwC weltweit fast 800 Entscheidungsträger und Experten des Gesundheitswesens sowie 3.500 Verbraucher aus Deutschland, den USA und fünf weiteren Ländern.

Patienten suchen zuerst online Rat

Die stärkere Einbindung von Patienten in die Gesundheitsversorgung setzt einen ausreichenden medizinischen Informationsstand voraus. Diese Bedingung ist nach Ansicht der überwiegenden Zahl der befragten Experten (76,1 Prozent) jedoch nicht erfüllt. Auch hier könnte die stärkere Nutzung des Internet durch die Leistungsanbieter einen wichtigen Beitrag leisten. Wie die Patientenumfrage im Rahmen der Studie ergab, informieren sich schon heute die relativ meisten Menschen (48 Prozent) über Gesundheitsfragen im Internet. Ärzte stehen als Informationsvermittler erst an zweiter Stelle (43 Prozent), gefolgt von Freunden und Familie (30 Prozent).

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