Methoden der Gentherapie könnten möglicherweise geeignet sein, um der Volkskrankheit Depression Herr zu werden. Die bisherigen Tests in Tierversuchen zeigen erste positive Resultate. Ob und wann diese Methodik auch für Menschen zugelassen werden wird, ist derzeit noch nicht prognostizierbar. Forschern aus den USA ist es offenbar gelungen, mittels Gentherapie bei Mäusen ein mit Depressionen in Verbindung stehendes Gen zu „reparieren“. Dadurch konnte bei Versuchstieren, denen das Gen p11 in einer spezifischen Gehirnregion fehlte, abnormales Verhalten wieder rückgängig gemacht werden. Das Forscherteam um Michael Kaplitt vom Weill Cornell Medical Center injizierte dafür einen modifizierten Virus. Das Gen p11 gehört zu einer Reihe von Genen, die bei Depressionen eine Rolle zu spielen scheinen. Die Untersuchung der Gehirne verstorbener Patienten zeigte, dass sie im Bereich des Nucleus accumbens über deutlich geringere Mengen von p11 verfügten. Details der Studie wurden in Science Translational Medicine veröffentlicht.

Der britische Gentherapie-Pionier Alan Kingsman betonte laut BBC, dass man diesen Behandlungsansatz trotz der Notwendigkeit von Injektionen ins Gehirn zur Behandlung schwerer Depressionen nicht ausschließen sollte. Die eingesetzten Viren sind zu groß, um die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, die das Gehirn schützt. Sie müssten präzise auf den Nucleus accumbens ausgerichtet werden. Denn das Gen p11 könnte in verschiedenen Bereichen des Gehirns eine ganze Reihe von Funktionen haben. Das würde bedeuten, dass ein Loch in den Schädel gebohrt werden müsste, um die Injektionsnadel in die richtige Position zu bringen.

Guang Chen, Neurowissenschaftler bei Johnson and Johnson, schreibt in seinem Kommentar in Translational Medicine, dass der Einsatz der Gentherapie zur Behandlung von Depressionen noch ein bisher unbekannter Bereich sei. Trotz der viel versprechenden Ergebnisse seien zahlreiche grundlegende Fragen zu klären, bevor ein derartiger Therapieansatz angewendet werden kann. Andere Experten wie Alan Kingsman von Oxford Biomedica argumentieren, dass ein derart invasiver Behandlungsansatz nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollte. Er arbeitet derzeit bereits an Einsatzmöglichkeiten der Gentheapie zur Behandlung von Parkinson.

Wissenschaftler nehmen an, dass das Gen p11 das Serotonin kontrolliert, das seinerseits bei Stimmung, Appetit und Schlaf eine entscheidende Rolle spielt. Mäuse, die ohne dieses Gen gezüchtet wurden, wiesen ein Verhalten auf, das mit Depressionen beim Menschen vergleichbar ist. Ihnen fehlte zum Beispiel die Motivation, gestellte Aufgaben wie Schwimmen zu erfüllen. Nachdem sie eine Injektion mit einem veränderten Virus erhalten hatten, das die p11-Werte wieder normalisierte, verhielten sie sich wieder wie ganz normale Mäuse. Kaplitt geht davon aus, dass es jetzt einen neuen Therapieansatz gibt, der auf eine der Wurzeln von Depressionen abzielt. Die derzeit eingesetzten Behandlungsformen behandelten die Symptome aber nicht die Ursachen. Bis p11, wenn überhaupt, eingesetzt werden kann, werden allerdings noch Jahre vergehen.

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