Der Rettungsdienst in Deutschland steht zunehmend unter Druck. Die Einsatzzahlen steigen stetig: Allein im Jahr 2022 sind die Rettungskräfte der Johanniter-Unfall-Hilfe über 835.000 Mal ausgerückt. Das Personal im Rettungsdienst ist überlastet und die Notfallambulanzen sind überfüllt. Am heutigen „Tag der 112“ macht die Johanniter-Unfall-Hilfe auf die Probleme in der Notfallversorgung aufmerksam und zeigt mögliche Ansatzpunkte einer Reform auf.

Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstands der Johanniter-Unfall-Hilfe, spricht anlässlich des Tags der 112 den Rettungskräften seinen Dank aus: „Zuallererst möchte ich unseren Rettungskräften ausdrücklich für die wichtige Arbeit und ihren unermüdlichen Einsatz danken. Uns ist bewusst, dass der Fachkräftemangel und die steigenden Einsatzzahlen eine hohe Belastung darstellen. Es braucht daher eine ganzheitliche Reform der Notfallversorgung, damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten auch zukünftig gewährleistet werden kann und unsere Mitarbeitenden ihren Beruf weiterhin gerne ausführen.“

In dieser Legislaturperiode will die Bundesregierung die strukturellen Probleme in der Notfallversorgung endlich politisch angehen. Auf Basis ihrer Erfahrungen im rettungsdienstlichen Arbeitsalltag haben die Johanniter mit dem Impulspapier “ Der Patient im Mittelpunkt“ konkrete Vorschläge für eine Reform des bestehenden Systems erarbeitet. Kevin Grigorian, Leiter des Geschäftsbereichs Rettung & Medizinische Dienste, ist selbst Notfallsanitäter und weiß, wie angespannt die Lage in den Rettungswachen und Notaufnahmen deutschlandweit ist: „Wir setzen auf den Abbau von Parallelstrukturen und die gezielte Nutzung von Synergien. Die Rettungskräfte im Einsatz, die Leitstellen und das Personal in den Notaufnahmen sollen so wirksam entlastet werden. So kann die eigentliche Aufgabe – die Versorgung der Patientinnen und Patienten – im Arbeitsalltag wieder im Mittelpunkt stehen.“ Das Papier wurde im Sommer 2022 dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überreicht.

Die Schwerpunkte des Impulspapiers „Der Patient im Mittelpunkt“:

1. Die Etablierung einer zentralen Gesundheitsleitstelle: Jeder Anruf – ob über die 112, die 116117 oder eine weitere für das Gesundheitssystem relevante Rufnummer – wird in einem gemeinsamen System angenommen – ohne eine der Nummern zu ersetzen oder bei tatsächlichen Notfällen die Versorgung zu verzögern. Es besteht die Möglichkeit, dem Patienten oder der Patientin die geeignete Versorgungsstruktur zuzuweisen, die Person bereits am Telefon telemedizinisch zu unterstützen und bei tatsächlichem Bedarf vor Ort verschiedene Rettungsmittel mit unterschiedlichen Prioritätsstufen zu alarmieren.

2. Die präklinische Versorgung muss sektorenübergreifend gedacht werden: Die Akteure im Gesundheitssystem sollten so vernetzt und in ihren Kompetenzen so ertüchtigt werden, dass sie über ihre aktuellen Arbeitsbereiche hinausreichende Aufgaben erledigen können.

3. Mögliche Anlaufpunkte optimieren: Gegenwärtig darf der Rettungsdienst Patientinnen und Patienten nur in die Kliniken bringen. Dies führt unweigerlich zu einer starken Beanspruchung der dortigen Notaufnahmen. Um diese zu entlasten, sollte der Rettungsdienst stattdessen Menschen mit einfacheren Krankheitsbildern auch in ambulante Strukturen, z.B. Arzt- oder Bereitschaftspraxen oder in andere geeignete Versorgungseinrichtungen transportieren dürfen.

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